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Mauern und Zäune um EuropaNeue Monumente der Angst

Vor 29 Jahren fiel die Berliner Mauer. Seitdem sind Mauern und Zäune um Europa gebaut worden, die zusammen sechsmal so lang sind.

Mauern sollten das Staatsvolk einst einsperren, heute sollen sie es vor Fremden abschirmen Foto: imago/Christian Mang

Der vollendet verlogene Euphemismus, dass die DDR sich mit einem „antifaschistischen Schutzwall“ umgeben habe, der, ganz nebenbei, den „ungesetzlichen Grenzübertritt“ verhüten sollte, konnte sich nicht durchsetzen. Auf ewig ist das Bild dieses Staates vielmehr verknüpft mit dem Schießbefehl an der Berliner „Mauer“, die heute vor 29 Jahren geöffnet wurde.

Ein Staat, der darauf angewiesen war, seine BürgerInnen einzusperren und der das Verbot der Ausreise mit tödlicher Konsequenz durchsetzte – so disqualifizierte sich der Realsozialismus in den Augen des Westens. Die Mauer war das Sinnbild der Unfreiheit, der Westen inszenierte sich als deren Gegenbild, nicht zuletzt durch den Abbau von Grenzen innerhalb Westeuropas – dem Schengen-Raum.

Die Mauern in Europa aber sind nach 1989 nicht verschwunden. Im Gegenteil. Das Zentrum für Friedensforschung an der Universität von Valencia und das Transnational Institute haben in einer Studie untersucht, wie viele „befestigte Grenzanlagen“ seither im oder um den Schengen-Raum errichtet wurden.

Die Antwort: 990,1 Kilometer Zaun und Mauern haben 10 der 28 EU-Staaten gebaut, die meisten davon entstanden im Jahr der Balkanroute, 2015. Schon heute sind die Anti-Flüchtlings-Mauern zusammen rund sechsmal so lang wie einst die 160 Kilometer messende Berliner Mauer. Und dabei wird es nicht bleiben.

Mit ihrer Grenzanlage wollte die DDR ihre eigenen BürgerInnen einsperren. Europa verbietet das heute: In der Europäischen Menschenrechtskonvention etwa heißt es: „Jeder Person steht es frei, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen“, fast gleichlautend formuliert es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die neuen Mauern haben einen anderen Zweck: Sie sollen nicht die Ausreise, sondern die Einreise verhindern.

Illustration: taz infografik / infotext-berlin.de

Denn ein vergleichbares universelles Recht auf Einreise gibt es nicht. Die Genfer Flüchtlingskonvention aber verpflichtet ihre Unterzeichner, Schutzsuchende nicht abzuweisen. Genau das aber versuchen viele Staaten Europas heute immer konsequenter. Die DDR trieb die Angst vor dem Verlust ihres Staatsvolks um. Darin ähneln ihr die Mauerbauer von heute, etwa der ungarische Präsident Viktor Orbán und seinesgleichen: Sie fürchten um das, was sie für ethnische Reinheit halten, was für sie das Volk an sich ausmacht.

So errichten auch sie Monumente der Angst – Symbole für die wachsende Furcht vor den Fremden einerseits und Orte des Schreckens andererseits für die, die darauf angewiesen sind, sie passieren zu müssen. Denn für sie sind die neuen Grenzanlagen – genau wie für die Ostflüchtlinge einst der Eiserne Vorhang – Orte, an denen sie nicht nur mit Misshandlung, Verhaftung und Internierung rechnen müssen.

Es sind auch Orte, an denen sehr wohl immer wieder geschossen wird. Einen expliziten „Schießbefehl“, wie ihn die DDR-Grenzer hatten, gibt es dafür heute nicht. Doch ob das so bleibt, ist nicht gesagt.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Das Schreckliche, das in der Graphik verdeutlicht werden soll, kommt gar nicht dazu, seine Wucht zu entfalten, weil man von der schrecklichen Qualität der Graphik abgelenkt ist.

    Nach welchen Kriterien sind die Umrisse der Länder gestaltet? Die sind nicht nur hässlich, sondern auch falsch:



    Serbien hat Zugang zum Mittelmeer, Nord-Irland ist nicht mehr Teil des UK, Herzegovina liegt quasi komplett am Strand (nicht dass wir den drei Ländern das nicht gönnen würden, aber die Realität ist immer so hart...).



    Slowakei, Belgien und Ungarn haben nichts mit den gezeichneten Figuren zu tun.



    Deutschland, Bulgarien, Slowenien kann man gerade noch wiedererkennen, aber man könnte eine subtile Beleidigung vermuten, ob der Lieblosigkeit der Darstellung. Nur die Gnade der verdeckenden Infolabels verhindert Schlimmeres für Österreich, Italien, die Schweiz oder für das Donaudelta - die sichtbaren Ansätze versprechen nichts Gutes.



    Ist halt ein bisschen ironisch, wenn es in dem Artikel ausgerechnet um Grenzverläufe in Europa geht.

  • Hmm ..? .. Mauern grenzen ein- und `beschützen´-



    .. das gilt für physische , als auch für geistige Mauern..



    .. das im "Guten" .. als auch im "Bösen"..



    ..so ist das geistige Konzept der U.N.O., mit den "Allgemeinen Menschenrechten" eigentlich eine Idee für eine Welt , frei von geistigen "Heimat-Mauern" .. eben:



    die "Welt als Heimat" !



    Leider herrschen sehr viele "Heimat- Begriffe" von Grenzsetzungen mit physischen und geistigen Mauern.. Ideologien, ethnische Gruppierungen, Religionen, ökonomischer Habgier..



    so dass die friedlichen Ideen der "Welt als Heimat- ohne Mauern" der U.N.O. ,



    arg diskriminiert sind.



    Das ist ne´ hässliche Scheisse !!!



    Gerade Heute, am 11.11.2018.. 100 Jahre nach dem Ende des I.ten Weltkrieges.. wo viele Machtpolitiker im Lichte ihrer begrenzten "Heimat- Begriffe" neue und waffenstarrende Mauern legitimieren .. und in Gedenkveranstaltungen den FRIEDEN beweihräuchern..



    ..tja denne´...

  • Eine Mauer habt ihr vergessen: sie ist auch die gefährlichste und die einzige seit 1989, die vom internationalen Gerichtshof als illegale Grenzanlage verurteilt wurde - ja, die Annektionsmauer von Israel.



    Heute werden wieder palästinensiche Demonstraten an dieser Grenze niedergeschossen. Empörung? Noch nie davon gehört?

    www.ag-friedensfor...Israel/mauer4.html