Maßnahmen bei Hartz-IV: Leyen will bei Weiterbildung sparen
Bei den Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose soll gekürzt werden – dabei müsste gerade in die berufliche Weiterbildung investiert werden, sagen Arbeitsmarktexperten.
Bisher scheint man weder im Bundesarbeitsministerium noch in der Bundesagentur für Arbeit so richtig zu wissen, wo die Milliarden herkommen sollen, die die schwarz-gelbe Bundesregierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik einsparen will. Allein in diesem Jahr sollen 4,3 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden.
Doch auch wenn vieles darauf hindeutet, dass die Regierung vor allem auf die Gnade der anziehenden Konjunktur, damit auf weniger Arbeitslose und weniger Ausgaben setzt, dürften Kürzungen im Bereich der Qualifizierung und Weiterbildung für Arbeitslose anstehen. Mehrfach hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schließlich betont, ein Fünftel der derzeitigen Maßnahmen könne sich als unwirksam erweisen.
Das lässt bei Claudia Bogedan, Leiterin der Abteilung Arbeitsmarkt am WSI-Forschungsinstitut der Hans-Böckler-Stiftung, die Alarmglocken klingeln. Sie befürchtet, dass jetzt vor allem solche Maßnahmen dem Rotstift zum Opfer fallen, die auf eine langfristige Qualifizierung der Arbeitslosen durch das Nachholen einer Ausbildung oder eines Schulabschlusses setzen - denn so etwas braucht Zeit und damit besonders viel Geld. "Gerade sogenannte Abschlussqualifizierungen müssen bestehen bleiben. Die schnelle Vermittlung in irgendeinen Job, auf die Frau Merkel ihren Schwerpunkt legt, ist nicht unbedingt nachhaltig", kritisiert Bogedan die Rufe der Kanzlerin nach mehr "Effizienz".
Vor allem bei beruflichen Bildungsmaßnahmen wurde jedoch bereits in den letzten Jahren so viel gespart, dass die Arbeitsmarktforscher Frank Oschmiansky und Mareike Ebach in einer Untersuchung von 2009 zu dem Schluss kommen: "Das einstige "Herzstück" der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist auf dem Weg zu einem Nischenprodukt." Angesicht des drohenden Fachkräftemangels sei die Reduzierung von beruflicher Weiterbildung jedoch eine "Katastrophe" findet auch Matthias Knuth, Leiter der Forschungsabteilung Entwicklungstrends des Erwerbssystems am Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg Essen. Knuth stellt klar: "Berufliche Weiterbildung hat eindeutig positive Beschäftigungseffekte."
Mit solchen Befunden steht er nicht alleine da. Auch Oschmiansky und Ebach fordern: "Berufliche Weiterbildung sollte sukzessive wieder zum Kern aktiver Arbeitsmarktpolitik werden." Denn den vor allem mit den Hartz-Gesetzen zahlreich neu eingeführten, sogenannten "vermittlungsorientierten Maßnahmen" wie die Einschaltung privater Arbeitsvermittler oder der Einsatz von Lohnkostenzuschüsse, stellen die Forscher schlechte Zeugnisse aus: Sie leisteten keinen Beitrag zum arbeitsmarktpolitischen Strukturwandel und seien laut Evaluationen (des Bundesarbeitsministeriums) "keineswegs erfolgreicher als berufliche Bildungsmaßnahmen". Zudem zielten die neuen Hartz-Instrumente "aktivierender Arbeitsmarktpolitik" auf eine "Subventionierung potentiell prekärer Arbeitsverhältnisse". Dabei beziehen sich die Forscher unter anderem auf Kombi-Lohn-Modelle und Minijobs.
Auch im Bereich der gezielten Förderung von langzeitarbeitslosen Hartz-IV-Beziehern sehen die Arbeitsmarktexperten große Lücken: Der Förderkatalog lasse "eine Orientierung an speziellen Problemlagen langzeitarbeitsloser oder stark arbeitsmarktfener Personen nicht erkennen". Nachbesserungsbedarf im Bereich der Arbeitsmarktpolitik gibt es also durchaus - er könnte aber von der Bundesregierung ganz anders interpretiert werden, als es die empirischen Befunde nahe legen.
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