Massenflucht im Kongo: Versagen unter dem Vulkan

Ohne Versorgung fliehen 400.000 Menschen vor einem Vulkansausbruch aus Goma. Um sie kümmert sich weder die kongolesische Regierung noch die Weltgemeinschaft.

Noch rauchende Lava zwischen Häusern

Lava des Vulkans Nyiragongo durchfließt ein Wohngebiet am Stadtrand von Goma Foto: AP

Sie ziehen müde die Straße entlang, oder sie sitzen und warten. Am Wegesrand, auf Feldern, unter Bäumen. Wo die nächste Mahlzeit herkommen soll, ist ein Rätsel und trinkbares Wasser Glückssache. Eine feste Unterkunft hat für sie niemand. Nach Hause dürfen sie nicht, und wie lange sie wegbleiben müssen, weiß keiner.

So ergeht es momentan 400.000 Menschen, die im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Stadt Goma verlassen haben, auf Anweisung der Militärbehörden. Die sollen eigentlich im Rahmen eines vorübergehenden Kriegsrechts den staatlichen Kampf gegen bewaffnete Gruppen effektiver gestalten. Nun aber schicken sie Menschen zu Hunderttausenden tief in unsichere Gebiete hinein – ohne Vorbereitung, ohne Organisation, ohne den geringsten Plan. Internationale Helfer werden tagelang nicht eingebunden. Kongos Präsident behauptet derweil, die Lage sei „unter Kontrolle“ und lehnt eine Heimkehr der Menschen ab.

Das ist Staatsversagen – in Form einer ebenso autoritären wie inkompetenten Befehlshaberei, die an den Menschen völlig vorbeigeht. Natürlich werden die 400.000 Geflohenen aus Goma jetzt nicht wochenlang irgendwo herumsitzen und warten, dass der Vulkan irgendwann erlischt und dass vorher jemand mal einen Teller Bohnen vorbeibringt. Sie werden nach Hause gehen, sobald sie können. Die Militärbehörden werden das nicht goutieren. Sie werden es entweder gewaltsam zu verhindern versuchen, was ein Blutbad bedeutet, oder sie werden es hinnehmen müssen, was ihre Autorität ankratzt. Oder sie werden plötzlich behaupten, jetzt sei die Gefahr gebannt, und können dann nur beten, dass der Vulkan erst nach Ende des Kriegsrechts wieder rumort.

In jedem Fall vertieft sich der Graben des Misstrauens zwischen Staat und Menschen im Kongo weiter. Und dass auch von den internationalen Organisationen, die aus Goma heraus ganz Ostkongo versorgen, kein öffentliches Wort der Kritik am staatlichen Chaos kommt, wird bei den Menschen den Eindruck hinterlassen, ihr Schicksal sei allen egal – den eigenen Regierenden und der Weltgemeinschaft.

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