Massenentlassung in Klinik angekündigt: Hiobsbotschaft im Advent
Die private Schön-Gruppe ist angetreten, um die Rendsburger Kreisklinik in Schleswig-Holstein zu retten. Doch nun fliegen massenweise Angestellte raus.
Das ist ein Schock für die Belegschaft, schließlich war die private Schön-Gruppe mal angetreten, um die bis dahin kommunalen Imland-Kliniken zu retten. Am Donnerstag befasste sich der Sozialausschuss des Kieler Landtags mit der Lage. Ein Vertreter der Schön-Gruppe war eingeladen, erschien aber nicht. Das Thema bleibt damit auf der politischen Tagesordnung.
Sie selbst sei nicht betroffen, sagt eine Pflegekraft in Rendsburg: „Es heißt, wer am Patienten arbeitet, bleibt.“ Aber rund 250 Beschäftigte im Reinigungsdienst und in anderen Servicebereichen wie Catering, IT oder Buchhaltung werden ihre Jobs verlieren, berichtet Gewerkschafter Wickleder: „Viele sind seit Jahrzehnten im Haus.“
Die Hiobsbotschaft verkündete der Vorstandsvorsitzende der Schön-Gruppe, Mate Ivančić, bei einer Betriebsversammlung. Demnach sollen die Aufgaben künftig von externen Dienstleistern oder der Schön-Holding übernommen werden. „Wir hören aber, dass die Personen, die jetzt entlassen werden, gefragt werden, ob sie künftig in der Holding arbeiten wollen“, sagt Gewerkschafter Wickleder.
Gewerkschaft spricht von Lohndumping
Für ihn steht dahinter Lohndumping. Solange die Krankenhäuser dem Kreis gehörten, galt für die Beschäftigten der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Beim Wechsel in die private Holding würden die Betroffenen niedriger eingestuft werden und vermutlich auch weitere Leistungen einbüßen, befürchtet Wickleder.
„Jetzt ist leider genau das eingetreten, vor dem wir als SPD im Vorfeld der Privatisierung der Imland-Kliniken gewarnt hatten“, sagt Birte Pauls, SPD-Gesundheitsexpertin der Landtagsfraktion. Dass die Beschäftigten die Kündigungsnachricht ausgerechnet zur Adventszeit überreicht bekämen, sei bitter. Sowohl SPD als auch FDP beantragten einen Bericht zur Lage der Kliniken im Sozialausschuss des Landtags.
Dass weder Ivančić noch ein anderer Klinik-Vertreter zur Sitzung erschien, „ärgert mich“, sagte Heiner Garg (FDP). Die Schön-Gruppe habe Landesmittel für Investitionen in die Standorte erhalten und müsse „Rede und Antwort stehen“. Er erinnerte an die Vorgeschichte des Verkaufs: „Vor einem Jahr wurde das Städtische Krankenhaus als Interessent aus dem Rennen geworfen mit einer hohen Kaufsumme und einem medizinischen Konzept, das bis heute nicht umgesetzt wurde.“ Fraglich sei, ob der Kreis Rendsburg-Eckernförde sich mit dem heutigen Wissen so entschieden hätte.
CDU sieht Ruf des Hauses in Gefahr
Während Gesundheitsstaatssekretär Oliver Grundei (CDU) das Recht eines privaten Trägers auf wirtschaftliche Entscheidungen verteidigte, sorgte sich Pauls um den Ruf des Hauses: „Wer heute so mit Beschäftigten umgeht, riskiert, dass auch andere Spezialisten abwandern.“ Auch der beste Chirurg nütze nichts, wenn die Technik nicht funktioniere oder der OP-Saal nicht sauber sei.
Die Imland-Klinik des Kreises war seit mehreren Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und rutschte, wie viele ähnliche Häuser, während der Coronazeit in die roten Zahlen. Der Kreis entwarf verschiedene Szenarien. Alle Modelle hätten die Schließungen oder Verlagerung einiger Stationen zur Folge gehabt, gestritten wurde besonders um die Geburtsstation in Eckernförde. Auch unter der Leitung des Kreises wären Stellen abgebaut worden. Allerdings wären wohl keine ganzen Bereiche outgesourct worden.
Die Pläne scheiterten im Herbst 2022 an einem Bürgerentscheid, der den Erhalt beider Standorte ohne Änderungen vorsah. Im Dezember 2022 lehnte der Krankenhausausschuss des Landes dieses Konzept ab, es sei nicht umsetzbar. In der Folge begannen die Verhandlungen über einen Verkauf. Zunächst hatte das Städtische Krankenhaus Kiel Interesse. Der Zuschlag ging dann aber an die Schön-Klinik-Gruppe mit Hauptsitz in München. Sie betreibt laut ihrer Homepage bundesweit und in Großbritannien 17 Kliniken und 34 ambulanten und tagesklinischen Einrichtungen mit rund 14.300 Beschäftigten.
Bei der Übernahme der Imland-Klinik sei vieles versprochen worden, sagt Gewerkschafter Wickleder. „Wir sehen heute, dass nichts davon umgesetzt wurde.“ Den Beschäftigten, denen nun die Kündigung droht, rät er, nicht zu schnell zu unterschreiben. Es könnte noch einiges passieren, und durch Verhandlungen seien oft bessere Ergebnisse zu erzielen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!