Massaker in Ostkongo: Mit Messern und Macheten

Über 40 Menschen werden im Ostkongo von der islamistischen ADF ermordet. Sie gilt als brutalste der vor Ort operierenden Milizen.

Drei Mitarbeiter des Roten Kreuzes tragen die Leiche eines Opfers

In dem kleinen Ort Mukondi wurde 38 Menschen brutal ermordert Foto: Socrate Mumbere/ap

KAMPALA taz | Sie seien nachts heimlich ins Dorf gekommen und hätten die Bewohner mit Messern und Macheten abgeschlachtet, berichtet Arsène Mumbere, Chef der Zivilgesellschaft des kleinen Ortes Mukondi im Bezirk Beni im Osten der Demokratischen Republik Kongo, gegenüber der Nachrichtenagentur afp. In Mukondi selbst seien 38 Menschen ermordet worden, im Nachbarort Mausa weitere acht. Der Bürgermeister der beiden Dörfer, Kalunga Meso, bestätigt gegenüber afp diese Todeszahlen. Als Täter nennen sie die ugandischen, islamistischen Rebellen der ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte).

Fast täglich machen derzeit Nachrichten aus dem Ostkongo weltweite Schlagzeilen. Doch während sich die aktuelle Berichterstattung vor allem auf den Eroberungsfeldzug der Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) konzentriert, die täglich mehr Territorium einnehmen und die Millionenstadt Goma in der Provinz Nordkivu nun komplett eingekesselt haben, sind die grausamen Massaker der ADF-Rebellen weiter nördlich in der Region rund um die Handelsstadt Beni in Nordkivu in den Hintergrund gerückt. Dennoch vergeht kaum eine Woche, in der die ugandische Miliz sich nicht brutal an der kongolesischen Bevölkerung rächt.

Seit über einem Jahr jagen ugandische und kongolesische Soldaten nun die ADF-Rebellen mit gemeinsamen Militäroperationen im Ostkongo. Mit Hilfe von Luftangriffen und gezielten Spezialoperationen im Dschungel und im Ruwenzori-Gebirge, das Uganda vom Kongo trennt, wo sich die ADF-Kämpfer seit 2007 verschanzt haben, ist es ihnen zu Beginn gelungen, die Hauptquartiere und Unterkünfte der ADF auszuheben. Die Kämpfer und deren Kommandeure stoben in alle Himmelsrichtungen davon. Doch wie so oft bei solchen Operationen im Kongo hinterlassen die aufgescheuchten Rebellen auf ihrer Flucht eine grausame Blutspur der blinden Gewalt.

Zivilisten – darunter Frauen und Kinder – in ihren Betten mitten in der Nacht abzustechen, spricht für die Handschrift der ADF als Botschaft der gezielten, öffentlichen Rache, die es in die Schlagzeilen schaffen soll.

Eine blutige Botschaft an die USA?

Womöglich kann es als eine blutige Antwort auf die Erklärung der US-Botschaft in Kongos Hauptstadt Kinshasa verstanden werden. Diese hat vergangene Woche bekannt gegeben, dass die US-Regierung fünf Millionen US-Dollar auszahlen wird „für alle Informationen, die zur Identifizierung oder zum Aufenthaltsort des Anführers“ der ADF-Miliz, Seka Musa Baluku, führen könnten.

Als Erläuterung wird aufgeführt: „Unter dem Kommando von Baluku verfolgt, tötet, verstümmelt, vergewaltigt und begeht diese Organisation weiterhin auch Akte sexueller Gewalt und entführt Zivilisten, darunter auch Kinder“, so die Erklärung. Die Gruppe rekrutiere und benutze Kinder bei Angriffen und zwinge sie zur Zwangsarbeit.

Bereits im Jahr 2021 hat die US-Regierung die ADF als weltweite Terrororganisation gelistet und schickte US-amerikanische „Anti-Terror-Experten“ in den Kongo, um der kongolesischen Armee beratend zur Seite zu stehen. Das war kurz nach den Selbstmordbomben in Ugandas Hauptstadt Kampala im November 2021, als mutmaßliche ADF-Anhänger Sprengsätze vor dem Polizeihauptquartier und dem Parlamentsgebäude zündeten und insgesamt vier Menschen töteten. Die internationale Terrororganisation Islamische Staat (IS) bekannte sich zu diesen Anschlägen, wie bereits zu einigen vorherigen Attacken in Uganda und Kongo.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde nun ersichtlich, dass sich die einst ugandische Miliz ADF, die sich in den 1990er Jahren aus verschiedenen muslimischen Gruppierungen zusammen gefunden hatte, mit dem international agierenden IS zusammengetan hatte. Die ADF zählt seit vielen Jahren unter den hunderten Milizen im Kongo als die brutalste. Allein im Jahr 2020 hat sie über 800 Menschen brutal ermordet. Bei der jüngsten Attacke im Januar zündete mutmaßlich die ADF einen Sprengsatz in einer vollbesetzten Kirche im Ostkongo, tötete mindestens 14 Menschen und verletzte weitere 60.

In Anbetracht der täglichen Gewalt im Ostkongo ist am Mittwoch eine Delegation des UN-Sicherheitsrates in den Kongo gereist. Sie besucht in diesen Tagen die von den M23 eingekesselte Millionenstadt Goma. Im Vorfeld des Besuches wurde versucht, mit den M23 und der kongolesischen Armee einen Waffenstillstand zu vereinbaren, der letztlich nie zustande kam. Dass dieses Massaker im Kontext des UN-Besuchs aus New York geschieht, ist ebenso wahrscheinlich.

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