Blutiger Terrorangriff in Uganda: Dutzende Tote bei Schulmassaker
Beim Überfall auf ein Internat in Uganda sterben 41 Kinder. Der Tatort liegt direkt an Kongos Grenze, die Täter sollen örtliche ADF-Rebellen sein.
Kampala taz | Kurz vor 23 Uhr am Freitagabend hörte Mary Musoki verdächtige Geräusche. Plötzlich leuchtete eine Taschenlampe durch einen Spalt ihrer Zimmertür. „Ich war starr vor Angst und musste nach Luft schnappen, als ich aus meinem Zimmer huschte“, berichtet die Lehrerin im Lhubiriha-Internat im Westen Ugandas gegenüber Journalisten: „Dann sah ich, dass die Schlafsäle in Flammen standen.“
Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen starben durch den mutmaßlichen Rebellenangriff 41 Schüler plus drei Erwachsene. Ugandas Militärs vermuten die ugandischen islamistischen Rebellen der ADF (Vereinte Demokratische Kräfte) hinter der Attacke. Es wäre eines der grausamsten Massaker in der Geschichte ihres jahrzehntelangen Krieges.
Die Schule liegt im Dorf Mpondwe direkt an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Nebenan liegt die kongolesische Stadt Kasindi, ein Handelsknotenpunkt. In der Nähe erhebt sich das gewaltige Rwenzori-Gebirge mit seinen schneebedeckten Gipfeln. In diesem unwirtlichen Terrain finden seit über eineinhalb Jahren gemeinsame Militäroperationen von Kongos und Ugandas Militärs gegen die ADF statt, die seit den 1990er Jahren gegen Ugandas Regierung kämpft und seit der Jahrtausendwende in den kongolesischen Bergwäldern jenseits der Grenze basiert ist.
Die drei Angreifer hätten sich zwei Tage lang in der Gegend versteckt und seien von lokalen Jugendlichen zur Schule geführt worden, erklärt Generalmajor Dick Olum gegenüber der Presse. Er ist als Kommandant der Gebirgsjäger in der Distrikthauptstadt Kasese stationiert, um die Grenze zu überwachen.
Termin ist wohl kein Zufall
Die Angreifer hätten die lokale kongolesische Sprache Kinande gesprochen, sagte er. Sie hätten den großen Schlafsaal der männlichen Schüler verriegelt, bevor sie ihn in Flammen setzten. In den Schlafsaal der Mädchen seien sie eingedrungen und hätten zahlreiche Schülerinnen mit Macheten zerstückelt, bevor sie auch diesen in Brand setzten. Drei Schüler konnten den Flammen entkommen, als das Gebäude zusammenfiel. Sie werden nun im Krankenhaus behandelt.
„Wir verfolgen die Angreifer, um die Geiseln zu befreien, die sie genommen haben, um gestohlene Lebensmittel zu tragen“, so Ugandas Armeesprecher Felix Kulayigye am Samstag. Er versichert der ugandischen Bevölkerung in dieser Grenzregion, dass die Armee alles tun würde, um zu schützen.
Der Termin des Angriffs war wohl kein Zufall. Am 16. Juni wird seit 1991 der „Tag des Afrikanischen Kindes“ gefeiert, in Erinnerung an die Jugendaufstände und Schüleraufstände in Soweto 1976, ein Fanal des Aufstandes der südafrikanischen Schwarzen gegen die Apartheid.
Der Angriff erinnert außerdem an einen der blutigsten ADF-Überfälle in Uganda überhaupt, vor fast genau einem Vierteljahrhundert am 8. Juni 1998. Damals starben im ugandischen Internat Kichwamba etwas weiter nördlich mindestens 80 Schülerinnen und Schüler in den Flammen ihrer von den Rebellen angezündeten Schlafsäle. Wenig später marschierte Uganda in Kongo ein, ebenso wie Ruanda, zum Beginn des zweiten großen Kongokrieges.
Heute ist Ugandas Armee bereits jenseits der Grenze in Kongo präsent, und in der Grenzregion wurden zahlreiche Truppenkontingente stationiert und gezielt Geheimdienstnetzwerke installiert, um jegliche Infiltration durch die ADF-Rebellen zu verhindern. Dass nun also wieder eine solch brutale, grenzüberschreitende Attacke stattfinden kann, lässt viele Fragen offen.
Seit November 2021 jagen Ugandas und Kongos Soldaten gemeinsam auf kongolesischem Gebiet die ADF, die sich seit einigen Jahren dem Islamischen Staat (IS) zugehörig zählt. Mithilfe des IS hatten ADF-Selbstmordattentäter damals mehrere Bomben in Ugandas Hauptstadt Kampala gezündet. Daraufhin starteten die Militäroperationen gegen sie. Mit gezielten Luftangriffen wurden die ADF-Stellungen im hohen Gebirge ausgehoben.
Bislang waren sämtliche Geheimdienstler davon ausgegangen, dass die Rebellen sich seitdem weiter weg von der Grenze in Kongos dichten Wäldern verstecken, um sich dort neu zu formieren. Das steht jetzt infrage.