Marode Brücken, Klimakrise und kein Geld: Was die Ampel geerbt hat
Druckstopp bei der taz! Bloß der Bahn keine Vernunft unterstellen! Und das BSW? Ach: Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei rum!
![Links Elke Büdenbender, rechts ihr Mann Walter Steinmeier (Bundespräsident). Sie trägt ein rotes Oberteil, er einen dunkelblauen Anzug. Beide heben den rechten Arm und winken. Hinter ihnen eine weiße Wand mit Verzierungen: das Schloss bellevue von Außen. Links Elke Büdenbender, rechts ihr Mann Walter Steinmeier (Bundespräsident). Sie trägt ein rotes Oberteil, er einen dunkelblauen Anzug. Beide heben den rechten Arm und winken. Hinter ihnen eine weiße Wand mit Verzierungen: das Schloss bellevue von Außen.](https://taz.de/picture/7244360/14/36477370-1.jpeg)
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die taz will aufhören, eine Zeitung zu sein.
Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Damit haben viele längst aufgehört, drucken aber weiter.
taz: Aktion Mensch diagnostiziert, dass die Behindertenfeindlichkeit in Deutschland vor allem im Netz zunimmt, insbesondere unter jungen Leuten. Ist Deutschland inklusionfeindlicher geworden?
Küppersbusch: In meiner Generation saß in gefühlt jeder Grundschulklasse ein „Contergan“-Opfer. Ich meine, wir haben eher gestaunt, als – Kindermund tut Mockridge kund – nach Herzenslust verletzt. Sichtbarkeit und Umgang heilen und helfen; „Ableismus“ klingt so abstrakt, wie er auch ist: Arschlochbenehmen für Leute, die nicht den Mut haben, es einem Betroffenen ins Gesicht zu sagen. Sozial behindert halt.
taz: Die Deutsche Bahn verkauft ihr Logistikunternehmen Schenker an das dänische Unternehmen DSV. Was könnte der DB-Strategie „Starke Schiene“ jetzt noch im Weg stehen?
Küppersbusch: Die Bahn. Die ursprüngliche Idee: Am Güterbahnhof wartet ein Schenker-Brummi, der die Fracht über die letzte Meile karrt, und – ätsch! – selbst dadran verdient die Bahn noch mit. Davon ist kaum was über, weil die Güter Autobahnen verstopfen, just in time, und die Bahn jedes Jahr fettes Geld von Schenker kassierte, um ihre eigene Beerdigung aufzuhübschen. Nun kann sie gut 14 Mrd. Erlös in ihre 33 Mrd. Schulden stecken und sieht sich dafür einem neuen, gigantischen Wettbewerber gegenüber: Schenker fusioniert mit dem Käufer DSV, auch ein Logistiker. Das Geld sollte also eher in einen wettbewerbsbrutalen Ausbau der Güterbahn gehen. Sollte. Das klingt so vernünftig, dass man’s dem aktuellen Management nicht unterstellen will.
taz: Robert Habeck und Steffi Lemke haben ihre Unterstützung für den Wiederaufbau der Dresdner Carolabrücke zugesagt: „Das Land darf nicht zerbröseln.“ Klappt das alles so gut wie bei der Wärmepumpe?
Küppersbusch: Na ja, hätten die grünen MinisterInnen es bei einem herzlichen „Geschieht euch recht, Ihr Klimaspacken“ belassen, wäre deutlich mehr Stimmung in der Bude. Kanzler Scholz hatte vorgeschlagen, für Klimaschäden noch ein „Sondervermögen“ herbeizutricksen, das ging nicht durch. Dass in Deutschland rund 4.000 Brücken ähnlich marode sind, hat die Ampel geerbt. Und das Klimaproblem. Und nicht genug Geld für wenigstens eins von beidem. Gerade die Grünen stehen im Verdacht, für spinnerten Ökokram der Zukunft die Gegenwart abrauchen zu lassen. Da mussten sie jetzt mal was sagen.
taz: Frank-Walter Steinmeier würdigt das Ehrenamt. Das seien Menschen, die „nicht meckern, sondern anpacken“. Kommt das vom Richtigen?
Küppersbusch: „Mutbürger“ ist schon ein schöner Konter Steinmeiers gegen das obwaltende Egofieber im Land. Die Auszeichnung von Ehrenamtlern ist präsidiales Grundrauschen, Bundespräsidenten wollen doch immer nur das eine. Schwer, da Akzente zu setzen. Steinmeier droht eher, als Godfather of Fahrerflucht in die Geschichte einzugehen; setzt auf Gemeinwohl und schwallt von „irregulärer Einwanderung“; sagt sich von seiner Ausgleichspolitik los und disst die „Kaliberexperten“ aus der Siegfrieden-Fraktion, war bei Corona auf Linie und streut nun gern Nebensätze voller Verständnis für Abweichler. So eine krisensatte Amtszeit hatte allerdings kaum ein BuPrä vor ihm; ist halt kein Ehrenamt.
taz: In Thüringen überlegt die CDU, mit dem BSW zusammenzugehen. Was haben wir zu erwarten?
Küppersbusch: Großes Mikado – und ein glattes Geständnis von der Linken. Wenn CDU, BSW und SPD sich zusammenraufen – und nach zusammen raufen klingt diese Dreierkiste eh schon –, fehlt ihnen noch eine Stimme zur Wahl eines Ministerpräsidenten. Im dritten Wahlgang – vorher holt sich Höcke zweimal ein Patt ab – muss also ein Linker bekennen. Sonst könnte die fehlende Stimme auch von der AfD gekommen sein und die Wahl damit für einen CDU-Kandidaten nicht annehmbar. Natürlich sollte die Linke versuchen, dafür offiziell Koalitionspartner zu werden und die Brandmauer zu schreddern, natürlich wird die CDU das ablehnen. Während Wahlsieger AfD gern die weltweite Migrationskrise verbieten würde, möchte BSW die CDU überreden, den Ukrainekrieg zu beenden. Hauptsache, für Thüringen kommt nichts dabei rum. Doch: Die Wagenknechte leben – wie auch die AfD – üppig davon, auf der Reservebank die spielende Elf niederzudissen. Das BSW als Designerpartei – geboren, um Ärger zu machen – steht vor einem Risiko.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: 307 Minuten kein Tor, das dritte Heimspiel hintereinander nicht gewonnen. Ich habe euch nie einen Rosengarten versprochen.
Fragen: Chantalle El Helou
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