Malaisen alternder Männer: Krankheit ist der beste Witz
Übelgesinnte sagen, die Wehwehchen des alternden Mannes seinen nur ein Schrei nach Liebe. Doch was wissen die schon über die Andropause!
S eit März habe ich jetzt bestimmt schon zum achten Mal Corona. Einmal hatte ich 37,3 Grad Fieber, dreimal Halskratzen, und den Rest weiß ich nicht mehr – ich glaube jedoch, es war schlimm. Ich habe es zwar jedes Mal heil überstanden, aber fragt mich bitte nicht, wie: Die Falten auf meiner Stirn sind noch tiefer geworden, die Haare grauer. Vom Alter her bin ich ja jetzt fast schon Risikogruppe. Einen Test habe ich nie gemacht. Nicht nötig. Mehrere gleichaltrige Kollegen hatten in derselben Zeit Corona – alle ohne Tests. Wir spüren doch schließlich, was wir haben, dazu müssen wir doch keine naseweisen Quacksalber konsultieren.
Übelgesinnte unterstellen uns Wichtigtuerei. Sie sagen, wir heischten unwürdig um Aufmerksamkeit. Dies sei nur ein alterstypischer Schrei nach Liebe. Doch was wissen die schon von all den Malaisen, die den Mann in der Andropause begleiten wie ein krankes Hündchen. Es ist nicht schön, wenn man sich immer krank fühlt. Die zahllosen kleinen Ermüdungsbrüche, die man einfach nur noch unbehandelt durchwinkt.
Ich kriege das ja alles eh schon nicht mehr richtig mit – so sehr ist mir der Schmerz vertraut. Die vielen Mikroschlaganfälle, oder was soll dieses Kribbeln in der Nase und am Bein denn sonst sein? Dazu ständig Grippe und Rücken und Herzinfarkt und Krebs. Ich rauche ja auch, damit ich wenigstens das Gefühl habe, selbst schuld zu sein.
Der alternde Mann hat es weniger leicht, als viele denken. Die Hormone spielen verrückt, der Andropausenclown versteht die Welt nicht mehr. Die Frau ist weg, und sein bester Freund ist der Urologe. Alle Folgen der Kolumne "Andropause" gibt's hier.
Mein Urologe Zbigniew weiß ein Lied von meinem Leid zu singen. Denn jedes Mal, wenn ich bei ihm bin, frage ich ihn, ob ich Krebs habe. Gleich raus damit, das ist immer das Beste. Nein, sagt er, und zuckt nicht mit der Wimper; wahrscheinlich fragen das alle, immer. Das würde mich auch nicht wundern – alles andere ist schließlich zweitrangig.
Verkalkte Gewinde
Ich befinde mich mal wieder auf der Liege im sogenannten Harnsteinzimmer, dem Untersuchungsraum für besonders krasse Fälle. Während er mit beiden Händen die Rohrzange hält, um das verkalkte Gewinde zwischen Blase und Harnleiter aufzubrechen, unterhält er mich Anekdoten, Witzen und Rätselfragen.
„Wie lebt man gesund?“, fragt er. „Viel rauchen, viel trinken“, scherze ich, und er erzählt einen Witz über einen Mann, der vom Arzt wissen will, wie er leben müsse, um alt zu werden? Also, sagt Zbigniew, sagt der Arzt: nicht rauchen, nicht trinken und keinen Sex. Und dann lebe ich länger?, fragt der Mann. Nein, sagt der Arzt, sagt Zbigniew, aber es kommt Ihnen so vor. Den kannte ich schon. Ich lache trotzdem ein bisschen, etwa so wie ein Kuckucksküken lacht, nachdem es die anderen Vögelchen aus dem Nest geboxt hat. Es ist ja kein schlechter Witz an sich. Nur eben sehr alt. Ein alter, weißer Herrenwitz – so wie wir beide.
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