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Männer, Männer, MännerSchafft die Frauen einfach ab

Männer drängeln sich (wieder) nach vorn und drängen Frauen nach hinten. Unnötig, denn die Lösung für männliches Allmachtsgebaren ist easy-peasy.

Eigentlich will er wieder ganz allein der Bestimmer sein, so wie vor 50, 60 Jahren Foto: imago

F rüher, so vor 50, 60 Jahren, war die Sache klar: Der Mann wusste, wie man beim VW Käfer in den zweiten Gang schaltet, er war gut frisiert und verwaltete das Familienkonto. Er trug Anzug und Aktentasche, wenn er sich ins Büro verabschiedete, und wedelte sonntagmorgens mit der Zeitung die Kinder weg. Aber irgendwann brachte seine Frau alles durcheinander. Sie wollte auch arbeiten gehen, selbst ein Konto haben, das vierte Kind auf keinen Fall bekommen und ihn sowieso am liebsten rauswerfen, weil er im Stehen schon wieder danebengepinkelt hatte. Sie tat es dann doch nicht (warum eigentlich nicht?) – und wurde später auch noch (seine) Chefin.

Das ertrug er eine ganze Weile zähneknirschend und machte – aus lauter Verzweiflung, weil er nicht wusste, ob er zu Hause noch alle Tassen im Schrank hatte – das eine oder andere Zugeständnis: einkaufen, das Kind aus der Kita abholen, Wäsche sortieren. Gut, dass es bald Mobiltelefone gab und er vom Supermarkt aus die Frau anrufen konnte: Wo noch mal gibt es Butter? Aber was er auch tat, es war nie genug, um ihn herum tobten immer mehr Frauen, in den Chefetagen, Regierungen, im Bankwesen. Nichts lag näher als eine fette Identitätskrise des Mannes. Als auch noch eine Frau Chefin des ganzen Landes wurde, stand er am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Das muss sich wieder ändern, sagte er sich: Jetzt ist Schluss mit lustig. Und beschloss, fortan alles nur noch mit Jungs zu machen. Er gründete Männergruppen, suchte in anderen Ländern Gleichgesinnte, vor allem solche, die gern mit Kettensägen spielen. Er brachte seinen Körper in einen 1-A-Bodymaßindex und lernte von Pick-up-Artists, wie man heimlich K.-o.-Tropfen ins Sektglas träufelt. Mit dieser Bromance geht es ihm deutlich besser. Aber eigentlich will er wieder ganz allein der Bestimmer sein, so wie vor 50, 60 Jahren.

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Das zieht er jetzt durch: Er redet fast nur noch mit seinesgleichen, geht mit ihnen auf Reisen, verhandelt mit ihnen Deals. Ohne Frauen und Gedöns, dass das mal klar ist, geht alles leichter. Kein Rumgeheule mehr um Care-Arbeit, Teilzeitfallen, Kitaplatzmangel, kein Gejammer um Quoten, für wen auch immer. Niemand holzt gegen Autobahnen, über die er endlich wieder mit 200 km/h im Verbrenner-SUV brettern kann. Im Parlament quatscht keine dazwischen und faselt was von trans und queer.

Im Grunde ist es ganz einfach: Schafft die Frauen einfach ab! Lieber Mann, kriegste hin, nicht wahr? Die Eier haste doch.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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