Machtkampf in der Hamburger AfD: Revolte der „Flügel“-Anhänger?
Laut einem anonymen Schreiben versuchen AfD-Abgeordnete, die dem rechtsextremen „Flügel“ nahe stehen, den Hamburger Landesvorstand abzusetzen.
In dem Schreiben wird behauptet, dass die AfD-Politikerinnen mit der Unterstützung von 40 Mitgliedern „offiziell die Durchführung eines Sonderparteitages mit dem Ziel der Ablösung des Hamburger Landesvorstandes beantragt“ hätten. Der Grund: der Vorstand habe „den Ausschluss“ des ehemaligen AfD-Fraktions- und Landesvorsitzenden in Brandenburg, Andreas Kalbitz, „mit zu verantworten“. Bis zu seinem Parteirauswurf am 15. Mai 2020 war er einer der zentralen Akteure des parteiinternen „Flügels“.
Der „Flügel“, dessen bekanntestes Gesicht der Thüringer AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Björn Höcke ist, löste sich formal auf, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die Struktur als rechtsextremistisch einstufte. Das Label ist nun verschwunden – die dazugehörigen Personen nicht. Kalbitz flog aus der AfD, weil er die Mitgliedschaft in der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend und bei den Republikanern beim Parteientritt nicht angegeben hatte.
Die Bemühungen von Petersen und Jordan und allen weiteren Unterstützer:innen für einen Sonderparteitag können als ein Bekenntnis zum „Flügel“ beziehungsweise zu den rechtsextremen Kräften in der Partei betrachtet werden. Damit wird einmal mehr deutlich, wie wenig überzeugend die Inszenierung der Hamburger AfD als vermeintlich geschlossene bürgerliche Partei durch die Fraktions- und Parteiführung von Dirk Nockemann und Alexander Wolf ist.
Torsten Voß, Verfassungsschutz
Schon im März 2020 hat das „Hamburger Bündnis gegen rechts“ auf die vermehrten Aktivitäten von „Flügel“-nahen AfDler:innen hingewiesen. Der AfD-Bezirk Mitte um Jordan sei dafür eine zentrale Basis, sagte damals Felix Krebs vom Bündnis. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) berichtete Ende 2020 ebenso über diese Aktivitäten. Das Amt veranschlagte 40 Anhänger:innen. „Wir gehen davon aus, dass sich der rechtsextremistische Flügel nur zum Schein aufgelöst hat“, erklärte damals Landesamtsleiter Torsten Voß.
Laut dem anonymen Schreiben hätten der AfD-Bezirksvorsitzende Nord, Martin Rohwedder, sowie Olga Petersen und Nicole Jordan erklärt, dass sie eine Abwahl nicht mehr betreiben würden. Dies sei aber nicht glaubhaft. Denn „nachdem der Landesvorstand die Durchführung des Sonderparteitags abgelehnt hat“, hätten sie am 24. 6. das AfD-Schiedsgericht angerufen. Ihre Unterschrift sollen sie „ausdrücklich nicht zurück gezogen“ haben, heißt es weiter.
Dem Landesvorstand halten die namentlich Erwähnten aber nicht allein die Unterstützung des Ausschlusses von Kalbitz vor. Der Vorstand habe zudem den „laufenden Wahlkampf viel zu lasch aufgezogen“. Petersen gehört als Beisitzerin allerdings selbst dem Vorstand an.
Der Bitte um Stellungnahmen kamen Petersen und Rohweder nicht nach. Eine Anfrage der taz per E-Mail ließen sie unbeantwortet. Allein Jordan bat um einen Anruf. Zur Sache wollte sie aber nichts sagen, denn das sei „parteiintern“, sie wollte vielmehr etwas über den Absender wissen. Das Schreiben sei für sie allerdings „Rufmord“, sagte sie dann doch noch.
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