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Machtkampf in VenezuelaGuaidó präsentiert erste Hilfsgüter

Venezuelas selbst ernannter Interimspräsident zeigt sich zwischen Kisten und Tüten. Bundespräsident Steinmeier hofft auf Neuwahlen in Venezuela.

In der venezolanischen Stadt Urena nehmen Menschen Lebensmittellieferungen in Empfang Foto: ap

Caracas/Cartagena dpa/epd | Venezuelas Opposition hat nach eigenen Angaben trotz blockierter Grenzen erste Hilfslieferungen erhalten. Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó stellte am Montagabend (Ortszeit) ein Video auf Twitter, das ihn zwischen Pappkartons und Stapeln weißer Dosen zeigt.

Er hielt außerdem Päckchen mit der Aufschrift „Mikronährstoffe in Pulverform“ in die Kamera. Die ersten 1,7 Millionen Portionen seien für schwangere Frauen und unterernährte Kinder bestimmt, schrieb Guaidó. Wie er an die Lieferungen kam, sagte er nicht. Für Dienstag kündigte er weitere Demonstrationen an.

Der Streit um die Hilfslieferungen ist die jüngste Runde im Machtkampf zwischen Guaidó und Staatschef Nicolás Maduro. Parlamentspräsident Guaidó hatte sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten erklärt. Er hatte dies damit begründet, dass Maduros Wiederwahl im vorigen Jahr illegitim gewesen sei und dieser daher seine zweite Amtszeit im Januar nicht hätte antreten dürfen.

Hilfslieferungen waren zuletzt in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta gestoppt worden. Maduro ließ zehn Lastwagen mit etwa 100 Tonnen Hilfsgütern nicht passieren. Der sozialistische Staatschef bezeichnet die Lieferungen als politische „Show“ und behauptet, dass sie lediglich ein Vorwand für eine militärische Intervention seien. Guaidó schrieb, die Venezolaner würden am Dienstag wieder auf die Straße gehen, damit die Hilfsgüter ins Land gelassen würden.

Bundespräsident: Hoffen auf Präsidentschaftswahlen

Auf seiner Südamerika-Reise hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Hoffnung auf neue Präsidentschaftswahlen ausgedrückt, um die Staatskrise in Venezuela zu beenden. „Venezuela ist nach Jahren der Autokratie und der Misswirtschaft am Rande des Abgrunds, am Rande des Bankrotts“, sagte Steinmeier am Montagabend nach seiner Ankunft in der kolumbianischen Hafenstadt Cartagena. Die Versorgung der Bevölkerung sei dramatisch schlecht. Deshalb müsse man hoffen, dass baldmöglichst Präsidentschaftswahlen in Venezuela stattfinden, sagte der deutsche Bundespräsident.

Er sei davon überzeugt, dass es nur dann Hoffnung auf eine Zukunft für die Menschen in Venezuela gebe, wenn ein neuer Präsident auf einer glaubwürdigen, legitimen Grundlage die Amtsausführung innehabe. Das bedeute eine ehrliche Wahl, betonte Steinmeier.

Der Bundespräsident besucht bis Freitag Kolumbien und Ecuador. Beide Staaten sind Nachbarländer von Venezuela und haben inzwischen viele venezolanische Flüchtlinge aufgenommen In Kolumbien seien mehr als eine Million Flüchtlinge aus Venezuela angekommen, in Ecuador mehr als 300.000, sagte Steinmeier. „Das ist eine riesige Last, und wir haben Respekt davor, wie diese beiden Länder mit dieser Situation umgehen“, betonte er.

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12 Kommentare

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  • Der Putschversuch gilt unter internationalen Experten längst als gescheitert. Kluge Menschen wissen, wann sie verloren haben und ziehen sich zurück. Jetzt noch mi einer lächerlichen Schmierenkommödie à la "Hilfsgüter für die notleidende Bevölkerung" nachzutreten, ist einfach nur charakterlos.

    Leider versagt seit dem großen Siegeszug des Neoliberalismus transatlantischer Prägung die internationale Diplomatie vollends und ein fairer Handel mit Bodenschätzen oder landwirtschaftlichen Gütern wird unmöglich gemacht bzw. funktioniert nur unter einseitigem Druck und nicht mehr nach den Regeln der Marktwirtschaft oder des freien Wettbewerbs. Die Doktrin lautet: Mit Ländern, die ansatzweise links sind, treiben wir keinen Handel, sondern zwingen sie solange in die Knie, bis sie nach unseren Regeln spielen!

    • 7G
      70023 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      Sie haben eigentlich alles gesagt. Dazu braucht man wirklich nicht zu zufügen. Nur eine Bemerkung zu Bundespräsident. Ich finde es sehr Interessant, dass er nach Neuwahl verlangt. Ausgerechnet jemand der selbst nicht vom Volk gewählt worden ist, ist schon Bemerkenswert. Ich bin mir nicht sicher ob Steinmeier vom Volk gewählt worden wäre.



      Gut, dass Sie keine Angst vor der Wahrheit haben.

      • @70023 (Profil gelöscht):

        Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Präsidialsystem und einem parlamentarischen Regierungssystem?

      • @70023 (Profil gelöscht):

        Steinmeier war einer der ersten, der damals auf dem Maidan auftauchte, um den Anführern des dortigen Aufruhrs zu gratulieren. Egal wie demokratisch die Ursprünge der Maidan-Proteste eventuell am Anfang gewesen sein mögen, es war der Weltöffentlichkeit jedoch recht bald klar, was für gewalttätige und stramm rechtsradikale Gesellen dort das Zepter übernommen hatten.



        Guiadós Leute waren bei ihren Protesten in Venzuela auch nicht gerade zimperlich und trieben die Gewaltspirale hoch bis hin zu zahlreichen Todesfällen.

        Einziger Unterschied: Die Todesfälle auf Maidan und in Venzuela wurden der Regierungsmacht angelastet, während z.B. die aktuellen Opfer bei den Gelbwesten in Frankreich und natürlich auch bei zahlreichen Demos in Deutschland stets den Demonstranten zugeschrieben wurden, denn die waren ja nicht streng gewaltfrei.

        Ja, mit den Bundespräsidenten hat unser Land in letzter Zeit ein schlechtes Händchen. Wulff wurde von der BILD abgesägt, der eitle Paffe, dessen Namen keiner mehr kennt, meinte auch nicht die Freiheit der Andersdenkenden wenn er von Freiheit, seinem Lieblingsthema sprach und Steinmeier war von Anfang an zu klein, um so ein Amt charakterlich auszufüllen.

        Gesine Schwan wäre als Präsidentin eine echte Chance für unser Land gewesen, hoffen wir, dass sie jetzt wenigstens noch der SPD helfen kann, wieder auf sozialen Kurs zu kommen und die schlimme Phase der Schröders und Steinmeiers hinter sich zu lassen.

  • Bedarf es , um die Versorgungslage der Bevölkerung eines ganzen Landes zu sichern , nicht etwas mehr als ein wenig Schmuggelware die zusammen mit Guaidó medienwirksam präsentiert wird um der Weltöffentlichkeit eine Hungerkatastrophe & Genozid in Venezuela glaubhaft & Internationale Intervention schmackhaft zu machen ? Und bedarf es nicht ein wenig mehr - als Sich Selbst zum Präsident erklären , zu versuchen Verfügungsgewalt über Staatsgelder zu bekommen , die Bevölkerung anstatt zu geregelten Neuwahlen & Bildung einer tabilen Regierung zu notfalls gewaltsamen Demonstrationen gegen das Regime aufzurufen , die Rohstoffe des Landes den USA zugänglich zu machen & diese lieber wirtschaftlichen & militärischen Einfluss auf Innere Angelegenheiten eines Landes nehmen lassen anstatt die desolate Wirtschaft anzukurbeln oder eine Beendigung der US-Sanktionen zu erwirken welche das Land wirtschaftlich & politisch in den Abgrund getrieben haben - um den tatsächlichen Aufgaben eines Präsidenten gerecht zu werden ? Hm ...

    • @Mr. Fawkes:

      Wissen Sie seit wann sich die venezolanische Wirtschaft in Richtung Abgrund bewegt und seit wann es Sanktionen der USA gibt?



      Haben Sie eine verlässliche Quellenangabe für die These, dass sich Guaidó für gewaltsame Demonstrationen und gegen geregelte Neuwahlen ausspricht?

      • @Claudia M.:

        Da Venezuela Ihr einziges Thema ist, gehen wir davon aus, dass Ihnen die Namen Jaime Lusinchi, Carlos Andrés Pérez, Luis Herrera Campins und Rafael Caldera geläufig sind und dass Sie auch deren "Erfolge" für die venezolanische Volkswirtschaft und den Lebensstandard der Bevölkerung kennen:



        Jede dieser christdemokratisch-neoliberalen Regierungsphasen endete in einem Staatsbankrott, dabei gab es damals keine Boykotts oder Sanktionen. Zusätzlich wurden diese Jahre von üblen Korruptionsskandalen und politischen Morden begleitet.



        Das alles wissen Sie doch sicherlich, Frau Claudia M., warum wiederholen Sie trotzdem immer und immer wieder nur ihre immergleichen Sätze?

    • @Mr. Fawkes:

      Übrigens: Maduro hatte seine Chance, den Lebensstandard des Volkes und nicht nur einiger Privilegierter (wie der über 1.000 Generäle in seiner Armee) zu verbessern; er hat sie nicht genutzt. Er fand nur einen Sündenbock für die durch seine Regierung verursachte Situation: Das Ausland (=USA)!



      Dazu ist zu sagen, dass sich die USA auch früher schon als Aufpasser in ihrem „Hinterhof“ betätigten. Aber selbst damals schien es den Venezolanern besser zu gehen, als jetzt, in der sozialistischen Misswirtschaft!

    • @Mr. Fawkes:

      Korrekt. Deutschland spielt das Spiel mit. Präsidentschaftswahlen alleine werden dieProbleme nicht lösen. Der Parlamentspräsident wirkt nicht als demokratische Alternative.

      • @Sven2000:

        Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

        Die Moderation

  • Wer sich für die Haltung des Internationalen Komitees des Roten Kreuz zu den besagten "Hilfslieferungen" interessiert:

    “We will not be participating in what is, for us, not humanitarian aid,” Christoph Harnisch, Sprecher IKRK Kolumbien.

    Das Foto zum Artikel zeigt im übrigen Frauen die Lebensmittel erhalten, die die Regierung Venezuelas (Maduro) verteilt.

    • @Sandor Krasna:

      netter Versuch ;-) Gibt es eine Originalquellenangabe für das Zitat, oder nur höchst unabhängige Medien wie "Venezuelaanalysis" und "Popularresistance"?

      Man sollte die Arbeit des Roten Kreuzes für die leidenden Venezolaner (v.a. in der Versorgung der in den letzten Jahren 3 Mio. Geflüchteten in den Nachbarländern) nicht unterschätzen, nur weil sich die Organisation naturgemäß in Krisenländern - schon allein zum Selbstschutz - politisch neutral verhalten muss. Hier mal etwas objektivere Aussagen (aus Originalquelle):



      www.youtube.com/watch?v=j1CSmqP--C0