Machtkampf bei Labour nach dem Brexit: Corbyn bleibt stur und Parteichef
In der Labour-Partei zeichnet sich eine Kampfabstimmung um den Parteivorsitz ab. Parteichef Jeremy Corbyn will im Amt bleiben.
Die Labour-Abgeordneten geben ihm eine Mitschuld am Ergebnis des Brexit-Referendums. Sie werfen ihm vor, sich nicht entschieden genug für den EU-Verbleib Großbritanniens eingesetzt zu haben. Ein wichtigerer Grund ist vermutlich die Befürchtung, dass Labour mit Corbyn an der Spitze die nächsten Wahlen deutlich verlieren würde. Die könnten nach Camerons Rücktritt im Oktober noch in diesem Jahr stattfinden.
Die meisten Labour-Abgeordneten haben sich nie damit abgefunden, dass ihnen die Parteibasis den Alt-Linken bei der Wahl des Parteichefs im vorigen Herbst vor die Nase gesetzt hat. Da er sich geweigert hat, nach dem Misstrauensvotum zurückzutreten, suchen sie nun nach anderen Möglichkeiten, ihn loszuwerden. So sollen sich entweder die Abgeordnete Angela Eagle oder der Labour-Vizechef Tom Watson um die Parteiführung bewerben und Corbyn auf dem Parteitag im September ablösen.
Der hat erklärt, dass er in diesem Fall ebenfalls kandidieren werde. Ob er dafür von 20 Prozent der Fraktion, also von 51 Abgeordneten nominiert werden muss oder ob er als Parteichef automatisch kandidieren darf, ist unklar. Beide Lager haben dazu gegensätzliche Gutachten veröffentlicht. Sollte Corbyn antreten dürfen, könnte die Parteibasis den Abgeordneten erneut einen Strich durch die Rechnung machen. Schließlich sind Tausende nur wegen Corbyn in die Partei eingetreten.
Eine seiner besten Vorstellungen
Bei der parlamentarischen Fragestunde am Mittwoch gab er – entgegen allen vorherigen Erwartungen – eine seiner besten Vorstellungen ab. Er brachte Cameron mehrmals mit sachbezogenen Fragen zum Brexit in Bedrängnis. Erst als er den Premierminister persönlich kritisierte, platzte dem der Kragen.
„Sie sind hier zu lange geblieben für das Gute, das Sie hier getan haben“, zitierte er den Tory Leopold Amery, der diese Worte 1940 im Unterhaus an den Premierminister Neville Chamberlain wegen dessen Appeasement-Politik gegenüber Hitler gerichtet hatte. „Gehen Sie, sage ich Ihnen, damit wir mit Ihnen fertig sind! In Gottes Namen, gehen Sie!“ Chamberlain trat damals zwei Tage später zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten