Löschvorgänge bei YouTube: Mit Filtern gegen Kinderpornos
Vor gut einem Jahr wurde das NetzDG eingeführt. Für Youtube hat sich wenig geändert. Dort löscht man Videos vor allem aus einem Grund.
Bei der Löschung unerwünschter Videos setzt YouTube immer mehr auf technische Filter. Das berichtete die Juristin Julie Wahrendorf, Mitarbeiterin in der Rechtsabteilung von Google (der Mutter von YouTube), bei einer Veranstaltung im Mainzer Abgeordnetenhaus.
Soziale Netzwerke sind schon seit 2007 verpflichtet, rechtswidrige Inhalte „unverzüglich“ zu löschen. Doch was heißt „unverzüglich“? Im Oktober 2017 trat das Gesetz zur Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) in Kraft und machte klare Vorgaben. Rechtswidrige Inhalte müssen binnen sieben Tagen entfernt werden, „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte sogar binnen 24 Stunden. Wenn das Beschwerdemanagement einer Plattform systematische Schwächen aufweist, kann das Bundesamt für Justiz ein Bußgeld bis zu 50 Millionen Euro verhängen.
Google befürchtete zunächst ein sogenanntes „Overblocking“, dass aus Vorsicht auch legale Inhalte gelöscht werden könnten. Das Unternehmen überlegte, gegen das NetzDG Verfassungsbeschwerde einzulegen, hat dann aber darauf verzichtet. Eine bereits ausgearbeitete Klageschrift des Medienrechtlers Tobias Gostomzyk blieb in der Schublade.
Weltweite und nationale Sperren
In der Praxis hat sich für YouTube durch das NetzDG nicht viel geändert. „Bei uns konnte man schon immer Verstöße gegen die Community Guidelines melden und auch Verstöße gegen deutsches Recht.“ Inzwischen wurden die beiden Meldestränge zusammengeführt und das Verfahren wurde beschleunigt.
Wenn ein Video wegen Volksverhetzung gemeldet wird, wird bei YouTube zuerst geprüft, ob es gegen die eigenen Richtlinien verstößt, die auch „hasserfüllte Inhalte“ verbieten. Wenn ja, wird das Video weltweit gesperrt. Nur wenn das Video nach den Guidelines zulässig bleibt, wird noch deutsches Recht geprüft. „Bei Hass ist die überlappung aber sehr groß“, sagte Wahrendorf. Das deutsche Recht ist vor allem beim Verbot verfassungswidriger Kennzeichen, etwa von Hakenkreuzen, strenger als YouTube. Hier wird ein Video dann nur national gesperrt.
Wichtiger als individuelle Meldungen sind inzwischen aber technische Filter. Im letzten Quartal 2017 seien rund 400.000 Videos von Nutzern gemeldet worden, während 6,6 Millionen Videos von der YouTube-Technik als Verstoß eingestuft wurden, berichtet Wahrendorf. Es gehe dabei vor allem um „grafische Inhalte“, insbesondere Kinderpornografie und IS-Enthauptungsvideos.
Vor der Löschung kontrolliere aber immer noch (kurz) ein Mensch, ob die Maschine richtig lag. Ein erkanntes Video wird mit einem Hashwert (einer Art digitaler Fingerabdruck) versehen und in eine Datenbank eingespeist, auf die zum Beispiel auch Facebook zugreifen kann. „75 Prozent der entfernten Videos hat vorher noch kein YouTube-Nutzer gesehen“, sagte Wahrendorf. Um die Maschinen zu ersetzen, bräuchte YouTube 180.000 zusätzliche Mitarbeiter. Für vermeintliche Hassreden seien derartige Filter aber ungeeignet, so die Google-Juristin, „denn hier kommt es immer auf den Zusammenhang, den Kontext an.“
Ein großes Problem sind für YouTube derzeit Gerichtsentscheidungen zu sogenannten Restore-Ansprüchen. Hier geht es um Löschungen, die von Nutzern für falsch gehalten werden. „Wir haben nichts gegen einen Prüfanspruch und korrigieren auch Fehlentscheidungen“, betont Wahrendorf, „aber es kann nicht sein, dass uns Gerichte zwingen, Videos zu zeigen, die in Deutschland zwar legal sind, aber gegen die YouTube-Richtlinien verstoßen.“ Dies gelte vor allem für Videos, die „Nacktheit“ zeigen. Im Ergebnis fordert YouTube also ein Recht auf Overblocking.
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