Lobbyismus und Transparenz: Halbes Gesetz im Bundestag
Die Koalition präsentiert ihre Pläne für ein Lobbyregister und kündigt prompt eine Nachbesserung an. Die Opposition findet den Entwurf „verrückt“.
Der Gesetzentwurf, von dem Bartke sprach, sieht vor, dass sich Lobbyist*innen künftig in einem Register anmelden müssen, bevor sie Einfluss auf Abgeordnete nehmen. Für Kritik hatte in den letzten Wochen gesorgt, dass Einflussnahme auf die Bundesregierung ausgenommen ist. Zuletzt hatte dies auch der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kritisiert. Am Donnerstag kündigte die Union schließlich an, auch hier einzulenken. In den am Freitag diskutierten Gesetzentwurf floss die Ausweitung auf die Ministerien aber noch nicht ein, stattdessen kündigte die Koalition einen Änderungsantrag für die nächsten Wochen an.
Die Opposition sparte trotzdem nicht mit Kritik an der zunächst vorgesehenen Ausnahme. „Wie man überhaupt darauf kommt, die Regierung auszunehmen, ist absolut schleierhaft“, sagte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns. Britta Haßelmann (Grüne) sagte: „Ist doch verrückt! Wie kann man so was überhaupt einbringen?!“ Der Grund für die Kritik: Der Großteil aller Gesetzentwürfe wird nicht im Parlament entworfen, sondern in den Ministerien. Entsprechend aktiv sind Lobbyist*innen auch dort.
Als Interessenvertretung definiert der Gesetzentwurf der Koalition „jede Tätigkeit zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungsprozess des Deutschen Bundestags“. Wer als Lobbyist*in einer entsprechenden Tätigkeit nachgeht, muss sich unter Angabe von Namen, Auftraggebern und Großspenden anmelden.
Wer nicht alle Daten preisgibt, bekommt keinen Zugangsausweis für den Bundestag. Wer die Anmeldepflicht missachtet, muss ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro zahlen. Der Gesetzentwurf wird im Oktober noch vom zuständigen Bundestagsausschuss beraten und voraussichtlich bis Jahresende verabschiedet werden.
Die Initiative Lobbycontrol kritisiert ebenso wie Linke und Grüne, dass der Entwurf keine „legislative Fußspur“ vorsieht. „Fußspur“ bedeutet, dass angegeben wird, welche Lobbygruppen an der Erarbeitung einzelner Gesetzentwürfe beteiligt waren. Der CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder mahnte am Freitag im Bundestag dagegen, nicht zu viel Transparenz zu erzwingen. Es könne die Unabhängigkeit der Abgeordneten gefährden, wenn Angaben über ihre Termine und Gesprächspartner*innen nicht vertraulich bleiben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss