Lkw-Streik auf dem Rastplatz: Lieferstopp wegen Lohnausfall
Seit Wochen warten sie auf ihren Lohn. Jetzt protestieren Lkw-Fahrer aus Usbekistan und Georgien. Erst wenn das Geld da ist, fahren die Lkw weiter.
Sie und ihre Kolleg*innen sind gemeinsam mit Mitgliedern der niederländischen Gewerkschaft FNV vor Ort, um die Fahrer bei den Verhandlungen mit dem Unternehmen, aber auch mit Lebensmitteln zu unterstützen. Die Fahrer wollen erst weiterfahren, wenn alle Lohnforderungen beglichen sind. Gräfenhausen ist der Hauptort des Protests. Kleinere Versammlungen gibt es auch an Raststätten in Niedersachsen, in der Schweiz. Es ist ein spontaner Ausstand, initiiert von Fahrern, die als Drittstaatler am untersten Ende der Ausbeutungskette stehen, in einer Branche, die von extremen Arbeitsbedingungen geprägt ist. Verhandlungsführer ist Edwin Atema von der FNV und dem Road Transport Due Diligence Team (RTDD).
Die mutmaßlich säumige Unternehmensgruppe Mazur hat ihren Sitz im polnischen Wawrzeńczyce nahe Krakau. Mehr als 1.000 Fahrzeuge soll das Unternehmen haben, transportiert werden Waren im Auftrag großer europäischer Speditionen und Firmen. Die Fahrer sind Selbstständige, sagt Weirich. „Damit tragen sie das gesamte Risiko und erhalten keinerlei Absicherung.“ Der versprochene Tagessatz liege bei 80 Euro, inklusive Spesen.
Das würde den deutschen Mindestlohn, der den Fahrern bei Fahrten in Deutschland zusteht, auch dann unterschreiten, wenn der Arbeitstag nur acht Stunden lang wäre. Viele Fahrer haben ihre Familien seit Monaten nicht gesehen. Sie werden von Auftrag zu Auftrag geschickt und schlafen in den Kabinen, manche seit über einem Jahr. EU-Vorschriften erlauben dies eigentlich nicht, in der Branche sind solche Bedingungen aber weit verbreitet.
Fahrer wollen weiter protestieren
Bei Lkw-Fahrern hat die Firma Mazur einen schlechten Ruf. In Online-Foren berichten Trucker von Problemen. Diejenigen, die nun auf der Raststätte in Gräfenhausen streiken, sagen, dass sie zum Teil seit 50 Tagen nicht mehr bezahlt wurden, das Unternehmen schulde ihnen zum Teil vierstellige Beträge. Laut Weirich ist der Unternehmer Lukasz Mazur am Mittwoch am Rastplatz aufgetaucht. Die Fahrer ließen ihn wohl abblitzen. Am Donnerstag und Freitag kehrte Mazur offenbar zurück: Bei Verhandlungen habe er immer wieder behauptet, alle Löhne gezahlt zu haben.
Bislang hat er dafür keine Beweise vorgelegt. Die Fahrer können dagegen belegen, dass es seit Wochen keine Zahlungseingänge auf ihren Konten gab. Warum nicht gezahlt wird, ist unklar. Auf taz-Nachfrage äußerte man sich dazu nicht. Mazur verhandelt nicht mehr persönlich, heißt es, sondern über seinen Anwalt. Bisher ergebnislos. Der Protest geht weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten