Linksautonomes Zentrum in Hamburg: Das ist die Rote Flora
Nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel gibt es Forderungen nach der Schließung des linken Zentrums. Aber was ist die Flora eigentlich?
Klar ist: Das autonome Kulturzentrum im Schanzenviertel spielt eine wichtige Rolle in der linken Szene in Hamburg. Die Flora ist Deutschlands am längsten besetztes autonomes Zentrum. „Der Kasten“, wie die Flora in Szenekreisen heißt, sieht sich auch als letzte Bastion des Widerstands in einem hochgentrifizierten Viertel.
Das ehemalige Varieté-Theater ist seit 1989 besetzt und gehört seit 2014 der Stadt Hamburg. Die Lawaetz-Stiftung übernahm die Immobilie zu deren 25. Besetzungsgeburtstag in Treuhänderschaft für 820.000 Euro. Der vormalige Eigentümer, ein insolventer Immobilienbesitzer, hatte mehrmals mit dem Verkauf gedroht und damit einen Konflikt befeuert, den die SPD mit dem Kauf befriedete. Keine Hamburger Regierung wollte bisher die Krawalle riskieren, die eine Räumung zur Folge hätte.
Am Status der Besetzung hat sich seit 1989 nichts geändert. Der ehemalige Eigentümer hatte zeit seines Besitzes Hausverbot. Auch mit der Lawaetz-Stiftung gibt es keinen Mietvertrag. Die Rotflorist*innen mögen ohnehin keine Eigentumsverhältnisse. Theoretisch könnte die Stadt also jederzeit räumen.
Abgrenzung von Mai-Krawallen
Der autonomen Struktur entsprechend gibt es keine*n Chef*in. Es gibt Vollversammlungen und man stimmt sich ab, was Raumnutzung und Veranstaltungen betrifft. Darunter sind Sportgruppen, Fahrrad- und Motorradwerkstätten, eine Siebdruckwerkstatt, verschiedene Bar- und Café-Veranstaltungen, eine Vokü (Volxküche) und das Archiv der sozialen Bewegungen. Die Flora finanziert sich selbst aus Spenden und Soli-Veranstaltungen.
Anders als häufig angenommen wird, grenzen sich die Aktivist*innen von den traditionellen Krawallen am 1. Mai gezielt ab. In den letzten Jahren setzten sie sich auch dafür ein, dass das Schanzenfest, bei dem es immer zu Konfrontationen zwischen Polizei und Krawalltourist*innen kommt, aus der Umgebung der Flora weg verlegt wird.
Die Rote Flora hatte auch am Freitag des G20-Gipfels die Türen geschlossen, als draußen die Barrikaden brannten. Nur Sanitäter*innen und Verletzte durften rein. Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt, der selbst der Ansicht ist, es sei legitim, auf gewalttätige Verhältnisse mit Gewalt zu antworten, distanzierte sich von den Gewalttaten, sie seien unpolitisch und bezögen sich nur auf sich selbst.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
AfD gewinnt fast alle Wahlkreise in Ostdeutschland
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder