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Linke scheitert vor VerfassungsgerichtKeine weiteren Rechte für Opposition

Grüne und Linke haben zu wenig Sitze im Bundestag, um bestimmte Minderheitsrechte wahrzunehmen. Eine Änderung des Grundgesetzes lehnt Karlsruhe ab.

Wenigstens müssen die Großen den Kleinen weiterhin zuhören Foto: dpa

Karlsruhe dpa | Das Bundesverfassungsgericht hat die Forderung der Linken nach mehr Rechten für die Opposition im Bundestag zurückgewiesen.

Der verfassungsrechtliche Grundsatz effektiver Opposition umfasse kein Gebot spezifischer Oppositionsfraktionsrechte, entschied der zweite Senat am Dienstag in Karlsruhe.

Die Linksfraktion wollte eine Grundgesetz-Änderung erzwingen. Im Bundestag stellen die beiden Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken 127 der 630 Parlamentarier.

Damit sind sie selbst gemeinsam zu schwach, um gegen die große Koalition aus CDU, CSU und SPD bestimmte, im Grundgesetz verankerte Minderheitsrechte wahrzunehmen, für die ein Viertel der Abgeordneten nötig ist.

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18 Kommentare

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  • RR ... es wird nur noch GoKo's geben. Der Michel wechselt doch nur von SPD zu CDU und zurück. Die Angst vor linken Träumereien ist seit der Oktoberrevolution nun mal erfolgreich implantiert. Dann wird lieber aus Protest AfD gewählt. Der davon erschrockene Gutbürger bleibt dann wieder in der vorgegaukelten Sicherheit einer Schwarz-Roten GroKo und ist dann wie immer nur mässig enttäuscht, dass diese nur Politik für Konzerne, Banken und den eigenen Lebensabend machen

    • @Arthur Dent:

      "In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod."

      (Friedrich von Logau, schlesischer Dichter 1605 - 1655)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Was mehr bringt: Die Abschaffung der Möglichkeit, derartig große GroKos zu schmieden.

    Das Limit müsste bei 74,9% der Wählerstimmen liegen, damit die Oppositionsparteien wieder opponieren könnten.

    Das sollte die Linke mal beim BVerfG nachfragen...

  • Wenn die Gesetzesänderung Erfolg gehabt hätte, hätte es auch der AfD genutzt...

  • Der Beitrag liest sich so, als würden „GroKo“ und Verfassungsgericht die Opposition meuchlings daran hindern, „bestimmte, im Grundgesetz verankerte Minderheitsrechte wahrzunehmen“. Dabei wird vergessen, dass es nicht den Regierungsparteien anzulasten ist, wenn es zu wenige Oppositions-Abgeordnete gibt.

     

    Der wahre Grund ist, dass „Grüne“ und „Linke“ mit ihren Programmen zu wenige Wähler mobilisieren konnten. Darüber sollten diese Parteien mal nachdenken und nicht, wie man durch nachträgliche Änderung der Spielregeln erreichen kann, was das Wahlergebnis nicht hergibt. Das tun nur schlechte Verlierer!

     

    Aber vielleicht stellt es sich nach der nächsten Bundestagswahl sogar als Glück heraus, dass es der AfD auf diese Weise schwerer gemacht wird, aus der Opposition heraus zu regieren!

    • @Pfanni:

      "Dabei wird vergessen, dass es nicht den Regierungsparteien anzulasten ist, wenn es zu wenige Oppositions-Abgeordnete gibt."

      Frau Merkel hätte andererseits auch eine Minderheitsregierung bilden, oder Neuwahlen ansetzen können wenn Sie von der Tragfähigkeit ihrer Politik ernsthaft überzeugt gewesen wäre. Stattdessen hat sie es vorgezogen, diese untote Rest-SPD gleich ganz aufzukaufen, was der natürlich sehr entgegenkam, weil sie sonst wohl sofort aus der Auslage rausgenommen und in den Keller zu den anderen Ladenhütern gebracht worden wäre. Bei Wahlbeteiligungen um die 70% sollte man mit dem Begriff "Mehrheit" doch eher zurückhaltend umgehen.

    • @Pfanni:

      Der letzte Absatz ist der Punkt. Da würden sich manche umschauen, wenn nach der nächsten Bundestagswahl die AfD nach Gusto Normenkontrollverfahren vom Stapel lassen würde.

       

      Im Übrigen ist Art. 93 Abs. (1) Nr. 2 GG in puncto Quorum weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig.

  • "Das Bundesverfassungsgericht hat die Forderung der Linken nach mehr Rechten für die Opposition im Bundestag zurückgewiesen. [...] Im Bundestag stellen die beiden Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken 127 der 630 Parlamentarier."

     

    127 gegen 630 - also 20% gegen 80%. Opposition (lateinisch oppositio "Entgegensetzung") steht in der Politik für eine Auffassung, die im Gegensatz zu einer Politik der Regierung steht. "Politik ist wie Theater. Und Aufgabe der Opposition ist es, die Regierung abzuschminken, während die Vorstellung noch läuft" sagte einmal der französische Politiker Jacques Chirac. Eine 20% Opposition, die aber keine Rechte mehr hat, ist in einer Demokratie kraft- und sinnlos geworden. Aber so weit kommt es schließlich noch, dass eine Partei wie DIE LINKE, die sich soziale Gerechtigkeit auf ihre Fahne geschrieben hat, hier vielleicht noch etwas zu melden hat. Da würden dann höchsten solche unangenehmen Themen wie TTIP und Hartz IV Sanktionen angesprochen werden, und es ist schließlich für die Regierung schon schlimm genug, dass die Springerpresse DIE WELT hier querschießt und solche leidigen Themen anspricht.

     

    "Greenpeace hatte bislang unter Verschluss gehaltene TTIP-Dokumente ins Internet gestellt. Sie werfen den USA vor, im Interesse amerikanischer Konzerne europäische Umwelt- und Verbraucherschutzstandards aushöhlen zu wollen." [Quelle: DIE WELT, 03.05.2016]

     

    "Jobcenter haben vergangenes Jahr 170 Millionen Euro wegen Sanktionen einbehalten. Seit 2007 insgesamt 1,7 Milliarden Euro nicht ausgezahlt. [...] Das Sozialgericht Gotha hatte im vergangenen Jahr die Sanktionsregeln bei Hartz IV als verfassungswidrig eingestuft und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt." [Quelle: DIE WELT, 02.05.2016]

    • @Ricky-13:

      Hoppla, es muss natürlich "127 gegen 503" heißen. Aber das macht es auch nicht viel besser. Besonders, wenn man bedenkt, dass auf dem Schoß der 503 Abgeordneten jede Menge Lobbyisten - unsichtbar - sitzen und die Politik mitgestalten.

  • Na sowas aber auch wieder! Eine wirksame Opposition ist also gar nicht erwünscht - und das nicht nur in der Türkei!?

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Das Gericht macht keine Politik, es legt Gesetze aus.

       

      Vielleicht sollten die Grünen und die LINKE beim nächsten mal den Wahlkampf nicht mit Anlauf verkacken.

       

      Der Eindruck den sie (vermutlich unabsichtlich) vermittelt haben ist: Die einen nehmen einem alles Weg, die anderen verbieten alles was Spaß macht.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Opposition ist kein Spaß, sondern d i e Grundvoraussetzung für Demokratie. Bislang bin ich immer davon ausgegangen, dass dies auch dem Bundesverfassungsgericht bekannt ist, aber da sieht man mittlerweile wohl den Wald vor lauter Bäumen nicht.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Das Bundesverfassungsgericht hat die Opposition ja nicht verboten. Es gibt weiterhin eine Opposition, diese wird nur ohne Abweichler aus der Regierung nicht mehr in der Lage sein bestimmte Werkzeuge zu benutzen, die eine bestimmte Anzahl an Sitzen erfordern.

           

          Diese Regelungen gibt es seit Jahrzehnten, nicht erst seit gestern. Es wird hier, nicht wie in Polen, versucht ein neues System einzuführen das die Macht der Regierung zementiert.

           

          Mit der nächsten Wahl erledigt sich diese Situation ohnehin von alleine. Die Volksparteien schrumpfen, die FDP zieht wieder ins Parlament ein und die AfD wird es vermutlich auch schaffen.

          • @33523 (Profil gelöscht):

            Sie Komiker! Wenn bei der nächsten Wahl alles so läuft, wie Sie und die Regierungsparteien das heute so vorstellen, gibt's demnach keinen Bedarf an einer Opposition, die auch als Opposition wirken kann!? Hallo?

            • 3G
              33523 (Profil gelöscht)
              @Rainer B.:

              Ich stell mir das nicht so vor, was ich beschrieben habe ist unter rationalen Gesichtspunkten das wahrscheinlichste Szenario.

               

              Es gibt einen Bedarf an Opposition und nur durch Ihre geistigen Verrenkungen können Sie meinen Beitrag anders verstanden haben.

              Es gibt aber eben nicht nur den Bedarf, es gibt auch eine Opposition.

               

              Die Regierung gibt ist jetzt seit 2013 an der Macht. Mir und den Medien muss die massive Einschränkung der Opposition die Sie beschreiben wohl einfach entgangen sein. Wo ist sie denn?

              • @33523 (Profil gelöscht):

                Jetzt fallen Sie ja noch hinter ihrem vorigen Kommentar zurück, als hätten Sie den letzten Absatz der dpa-Meldung oben überhaupt nie gelesen.

                Eine Opposition, der man die parlamentarischen Werkzeuge (speziell die Normenkontrollklage; Durchsetzung von Auskunftsrechten etc.) praktisch - wie auch immer - vorenthält, kann im Grunde keine effektive Oppositionsarbeit mehr leisten. Da ist ihnen und anderen in der Tat so einiges entgangen.

    • @Rainer B.:

      Ich sehe es anders: das Gericht denkt an die Zukunft. Spätestens nach der nächsten Wahl ist das mit den großen Koalitionen mit 2/3- oder gar 3/4-Mehrheit eh vorbei, dann braucht man jetzt nicht noch dafür das System anzupassen.

      • @R R:

        Wenn das Gericht hier wirklich an eine Zukunft denken würde, beförderte es wohl kaum polnischen Verhältnisse.