Lindner gegen „Titanic“: Am Ende könnte es auf einen Schwanzvergleich hinauslaufen
Ex-Finanzminister Christian Lindner will gegen die „Titanic“ klagen. Kann er machen, entgegnet die Redaktion des Satire-Magazins. Aber ob das eine gute Idee ist?
Ex-FDP-Finanzminister Christian Lindner will rechtlich gegen das Frankfurter Satiremagazin Titanic vorgehen. Zuletzt hatte der bekannte Medienanwalt Christian Schertz dem Magazin eine Unterlassungsaufforderung geschickt, nun droht er mit einer Klage.
Anlass des Rechtsstreits ist die Januar-Ausgabe, die Christian Lindner und seine Ehefrau Franca Lehfeldt auf dem Cover zeigte. Darunter war ein Ultraschallbild eines Babys montiert, das auf sinkende Börsenkurse blickt. Die Überschrift lautete: „Baby-Glück im Eimer. Es wird ein Low Performer!“
Zudem stand dort: „Lindner stellt Eilantrag zur Abschaffung von § 218.“ Die Titelseite in ihrer konkreten Gestaltung verletze die Persönlichkeitsrechte seiner Mandanten „aufs Schwerste“, schrieb Anwalt Schertz laut einem Bericht der FAZ.
„Titanic ist sich sicher, dass wir zu 100 Prozent gewinnen“, sagt Titanic-Redakteur Sebastian Maschuw der taz. Es tue ihm leid, dass der Ex-Finanzminister wieder keinen Erfolg feiern könne. Einschüchterungsversuche finde man nicht lustig. „Wir wären froh am Ende, wenn sich beim Verfahren beide Parteien auf einen Schwanzvergleich einigen können.“
Nicht so einer wie der Vater
Torsten Gaitzsch von Titanic weist zudem darauf hin, dass man noch nicht wisse, wie die Klage konkret aussehen werde. „Also Schmerzensgeld ist das wahrscheinlichste, aber in welcher Höhe oder in welcher Form – das steht noch in den Sternen.“
Nun warte man ab, wie der Vorgang sich tatsächlich präsentiere. „Wir hätten uns natürlich eine persönlichere Auseinandersetzung gewünscht“, so Maschuw. Die Redaktion habe sich entschieden, dem Kind ein lebenslanges Titanic-Abo zu schenken, „damit’s nicht auf die schiefe Bahn gerät und nicht so einer wird wie der Vater.“
Außerdem habe man ein Aktienpaket, einen Zukunftsfonds für das Lindner-Baby, zusammengestellt – mit ETFs, die Aktien von Gosch, Cartier, Rotkäppchen und Porsche enthalten.
Dabei ist der Fall Lindner ganz gewiß nicht der erste Versuch einer prominenten Persönlichkeit, juristisch gegen Titanic vorzugehen.
„Die meisten Politiker sind eigentlich erstaunlich klug“
Zuletzt war die katholische Kirche ein namhafter Gegner des Magazins. Insgesamt kam es bereits achtmal zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Besonders viel Aufmerksamkeit erregte der Streit im Jahr 2012, als sich Papst Benedikt XVI. durch das Titelbild mit der Schlagzeile „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden“ in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sah. Der Vatikan erwirkte eine einstweilige Verfügung, zog die Klage jedoch überraschend kurz vor der Gerichtsverhandlung zurück
Auch aus der Politik kam es immer wieder zu juristischen Drohungen. So etwa im Jahr 2000, als Friedrich Merz erst mit rechtlichen Schritten drohte, dann aber sich mit deutlich weniger zufrieden gab.
„Die meisten Politiker sind eigentlich erstaunlich klug“, meint Titanic-Redakteur Torsten Gaitzsch rückblickend.
Aktuell führt das Magazin eine Solidaritätsaktion unter dem Motto: „Jetzt Totalverweigerer sanktionieren und endgültige Satire unterstützen!“ Unterstützen kann man sie durch Spenden sowie durch digitale oder Print-Abos.
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