Lieferando-Streik in Berlin: Spritpreise machen Kuriere arm
Autokuriere von Lieferando protestieren am Montag für eine höhere Kilometerpauschale.
„Es gehört zum Geschäftsmodell von Lieferando, Geschäftsrisiken auf die Mitarbeiter abzuwälzen“, sagt Olaf Klenke, Bezirkssekretär bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Erst vor Kurzem hatte die NGG selbst zum Streik vor der Lieferando-Zentrale aufgerufen: Rund 70 Fahrer*innen kamen Ende Januar zusammen, um unter anderem für einen Stundenlohn von 15 Euro zu protestieren.
An diesem Montag fordern die Streikenden die Erhöhung der Kilometerpauschale von 30 auf 50 Cent. Obwohl die steigenden Benzinpreise sie nicht betreffen, haben sich auch einige Fahrradkuriere dem Protest angeschlossen: aus Solidarität, aber auch, weil sie viele Anliegen mit ihren Kolleg*innen auf vier Rädern teilen. So äußern die Lieferant*innen den Verdacht, dass ihr Arbeitgeber ihnen Lohn unterschlage: „Allen Fahrer*innen, egal ob Roller, Auto oder Fahrrad, ist bewusst, dass Lieferando nicht jeden gefahrenen Kilometer berechnet“, sagt Fahrradkurier Leonard Müller.
Fahrer*innen beklagen fehlerhaftes Kilometer-Tracking
Welche Strecken sie zurücklegen, zeichne die App auf, über die die Kuriere ihre Aufträge abwickeln. Basierend auf deren Daten zahlt Lieferando den Mitarbeiter*innen zusätzlich zu ihrem Basisstundenlohn eine Kilometerpauschale. Die stimme jedoch nicht immer mit der tatsächlich zurückgelegten Strecke überein: „Ich habe mal einen zweiten Navi laufen lassen und die Kilometerzahlen verglichen“, sagt Leonard Müller. „Am Ende kam raus, dass Lieferando mir nur jeden dritten Kilometer bezahlt hat.“ Zwar sei eine manuelle Nachberechnung möglich, dafür müssten die Fahrer*innen jedoch nachweisen, dass ihnen nicht alle Wege vergütet wurden.
Außerdem forderten die Streikenden an diesem Montag eine Verschleißpauschale von 20 Cent pro Kilometer. Die Autokuriere bei Lieferando stellen ihre Fahrzeuge selbst – im Gegensatz zu ihren radfahrenden Kolleg*innen werden sie dafür bislang nicht entschädigt. „Durch die vielen Stopps und das ständige Schalten ist bei einigen Autos das Getriebe im Eimer“, sagt ein Demoteilnehmer. Eine Verschleißpauschale könne die Reparaturkosten finanzieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“