Letzte Synodalversammlung in Frankfurt: Ringen um dringende Reformen
Der Synodale Weg versammelt sich in Frankfurt. Sie fordern: Segnungen für homosexuelle Paare, Frauen in Weiheämter, mehr Laien-Mitbestimmung.
Die Performance „Verantwort:ich“ greift am Donnerstagabend in Frankfurt am Main den Ausgangspunkt des Synodalen Wegs auf: den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche und die Vertuschung durch Verantwortungsträger*innen, Angestellte, Gemeinden. Am Ende der Performance stehen Bischöfe gemeinsam mit den Tänzer*innen, darunter auch Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche, in einem Kreuz. Die Botschaft: Wir sehen die Verstrickungen, die jede*r einzelne Katholik*in in dem ganzen Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der Kirche trägt. Wir wollen Verantwortung für eine in der Zukunft sichere Kirche übernehmen.
Von Donnerstag bis Samstag findet in dieser Woche in Frankfurt am Main die fünfte und vorerst letzte Versammlung des Synodalen Wegs statt. Dort diskutieren 210 Menschen, darunter 69 Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz, über Reformtexte für die katholische Kirche. Die Bischöfe und katholischen Lai*innen haben sich für die Versammlung ein straffes Programm vorgenommen: 10 Texte sollen besprochen werden und zur Abstimmung kommen. Unter anderem geht es um Segnungen für homosexuelle Paare, eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern und mehr Mitbestimmung von Lai*innen.
Am Donnerstag stimmte die Versammlung bereits über zwei Texte zur priesterlichen Existenz heute und auch über die Öffnung des Zölibats ab. Beide zur Abstimmung gebrachten Texte fanden eine Mehrheit. Die Forderung einer Überprüfung des Pflichtzölibats durch den Papst wurde mit 179 Stimmen, darunter 44 Bischofsstimmen, angenommen. Besonders die jungen Synodalen zeigten sich aber enttäuscht, dass die Texte „äußerst weichgespült“ seien, so bewertet es etwa der Bundesvorsitzende des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend, Gregor Podschun. Er hatte einen Änderungsantrag eingebracht, dass die Öffnung des Pflichtzölibats durch Rom nicht nur „geprüft“, sondern „aufgehoben“ werden sollte. Diese Formulierung ging vor allem den Bischöfen zu weit.
Texte brauchen Zwei-Drittel-Mehrheit
Bei der Synodalversammlung gelten Texte nur als angenommen, wenn sie eine doppelte Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten – neben zwei Dritteln aller Delegierten müssen auch zwei Drittel der anwesenden Bischöfe zustimmen. Besonders die verweigerte Zustimmung der Bischöfe führte in den vorangegangenen Versammlungen des Synodalen Wegs zum Eklat.
Auch die erste Abstimmung am Freitag zum Text „Verkündung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“ bekam eine Mehrheit. Zuvor hatten jedoch die Bischöfe mit Änderungsanträgen den ursprünglichen Text stark abgeändert, sodass auch dieser nur „Prüfanträge“ statt Beschlüssen enthält. Besonders Frauen kritisierten diese Änderungen, da sie bereits die Arbeit, für die sie offiziell nicht geweiht sind, in ihren Gemeinden leisten: „Natürlich predige ich. Natürlich höre ich Beichte“, so Schwester Katharina Kluitmann von den Lüdinghauser Franziskanerinnen.
Im Vorfeld dieser Abstimmung führte auch die Frage nach einer geheimen oder namentlichen Abstimmung zu Spannungen im Raum. Der Augsburger Bischof Florian Wörner plädierte für eine geheime Abstimmung. ZdK-Präsidentin Stetter-Karp hatte im Vorfeld genau zu diesem Punkt in Richtung der Bischöfe appelliert: „Verantwortung zu übernehmen heißt, deutlich zu sagen, was ist, und sich nicht zu verstecken“.
Empfohlener externer Inhalt
„Out in Church“-Initiator Jens Ehebrecht-Zumsande kommentiert dazu auf Twitter, dass die Bischöfe auf diese Weise weiterhin „ihre Macht missbrauchen und die Synodalversammlung […] mit Änderungsanträgen auf den letzten Drücker erpressen.“
Kirche gegen Kirche
Die fünfte Synodalversammlung in Frankfurt wird von einem großen medialen Interesse begleitet. Zur Auftaktpressekonferenz zeigte sich das Synodalpräsidium um den Limburger Bischof Georg Bätzing und die Präsidentin des Zentralkomites deutscher Katholiken, Irme Stetter-Karp, vorsichtig optimistisch. „Diese, meine Kirche verdient es, dass wir sie nicht einfach lassen, wie sie ist“, sagte Bätzing. Er betonte, dass nicht nur die deutsche Katholische Kirche sich auf einen Reformprozess begeben habe, sondern auch die Weltkirche.
Die Kraft dieser Aussage bröckelt jedoch aufgrund der vorangegangenen Briefwechsel von deutschen Bischöfen mit Rom. Papst Franziskus hatte dem Vorhaben, aus der Reformbewegung Synodaler Weg einen dauerhaften Synodalen Rat zu gründen, im Januar eine Absage erteilt. Darauf bezog sich auch Irme Stetter-Karp und sagte, dass „die römischen Interventionen wirken“ und einige Verantwortungsträger*innen sich in früheren Diskussionen zurückhaltender äußerten.
Die Reformbewegten rechnen daher nicht damit, dass alle Texte ein positives Abstimmungsergebnis erhalten werden. „Der entscheidende Punkt für mich ist, dass wir Samstag wissen: Wir gehen auf einem Weg weiter“, so Stetter-Karp. Der Plan der Versammlung ist es, am Samstag Mitglieder zunächst für einen Synodalen Ausschuss zu wählen, der den Synodalen Rat vorbereiten soll, der derzeit noch vonseiten Roms untersagt ist.
Kurz vor Beginn der Synodalversammlung gab es vor dem Kongresshaus der Messe Frankfurt, wo die katholischen Delegierten tagen, zwei Demonstrationen. Vertreter*innen von „Wir sind Kirche“ oder „Maria 2.0“ demonstrierten für mehr Beteiligung von allen Menschen in der katholischen Kirche und gegen die Diskriminierung von Frauen und queeren Menschen. Ihnen gegenüber standen reaktionäre Gruppen, die sich klar gegen Veränderungen in der katholischen Kirche aussprachen. „Kirche gegen Kirche“, fasste eine Teilnehmerin der Synodalversammlung die Beobachtung eines Jugendlichen dazu zusammen. Also genau das, was das Gesprächsformat des Synodalen Wegs zu überwinden versucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“