Lehrkräftemangel in Berlin: Wenige schaffen die Uni
Die Zahl der Lehramtsabsolvent*innen an den Berliner Universitäten ist rückläufig. Gewerkschaft kritisiert schlechte Studienbedingungen.
Demnach ist die Anzahl der Absolvent*innen in den Lehramtsstudiengängen für Sekundarschulen und Gymnasien an den drei großen Berliner Universitäten rückläufig: Schlossen 2018 noch 705 Studierende ihren Lehramtsmaster an der Humboldt-Universität, der Freien Universität oder der Universität der Künste erfolgreich ab, waren es 2021 nur noch 599.
Warum die Zahl der erfolgreichen Absolvent*innen sinkt – obwohl die Studienplatzkapazitäten erhöht wurden – weiß die Verwaltung von Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) allerdings nicht. Linken-Politiker Schulze kritisiert das: Zu den Aufgaben der Unis gehöre es zwingend, „Abbruchgründe zu ermitteln“. Nur dann könne man auch „entsprechend gegensteuern“.
Die Wissenschaftsverwaltung hingegen sagt, das gäbe die Datenlage der Universitäten schlicht nicht her: Es könne „nicht differenziert“ werden, „welcher Anteil der Exmatrikulationen tatsächlich auf einen Studienabbruch zurückzuführen ist und in welchen Fällen die Fortsetzung des Studiums zu einem späteren Zeitpunkt oder an einer anderen Hochschule erfolgt“, heißt es in der Antwort auf die Linken-Anfrage. Daher sei eine „Abbrecher*innenquote nicht ermittelbar“. Die Studierenden müssten den Grund für die Exmatrikulation auch nicht angeben.
Zielzahl „krachend verfehlt“
Die Bildungsgewerkschaft GEW indes vermutet den Grund für die sinkenden Absolvent*innenzahlen in den schwierigen Studienbedingungen. Die Betreuungssituation sei schlecht, sagte Landesvorsitzende Martina Regulin am Mittwoch. Die Zielzahl von 2.000 Absolvent*innen pro Jahr (inklusive Grundschullehramt) werde mit rund 855 im Jahr 2021 „krachend verfehlt“.
Im Rahmen der Berliner Bildungsinitiative Schule muss anders hatten sich Ende Januar auch wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Lehrkräftebildung zu Wort gemeldet. Sie klagten über Personalmangel in der Lehre, was zu überfüllten Seminaren und wenig Betreuung im Praxissemester an den Schulen führe. Durch den Ausbau der Studienplatzkapazitäten habe sich das noch verschärft.
Die Wissenschaftsverwaltung widerspricht: Die „aus der Beratungspraxis bekannten Gründe“ für einen Studienabbruch lägen „selten im konkreten Studium begründet, sondern in finanziellen oder persönlichen Problemlagen.
In diesem Jahr vehandelt der rot-grün-rote Senat wieder turnusmäßig mit den Unis über die Ausbildungsplatzkapazitäten. Bis 2027 soll die Zahl der Studienplätze weiter ausgebaut werden – was die Qualitätsfrage in der Lehre verschärfen dürfte. Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) sagte auf taz-Anfrage, es sei wichtig, „dass ein kontinuierliches Studium ermöglicht wird“. Nach Busses Einschätzung spielt zudem auch die Pandemie eine Rolle, dass zuletzt weniger die Uni erfolgreich abschließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm