Lauterbach stärkt Kindermedizin: Große Pläne, kleiner Anfang
Berlin plant eine nationale Spezialklinik für schwer kranke Kinder. Bei Corona sieht Gesundheitsminister Karl Lauterbach „keinen Grund zur Panik“.
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Wobei gleich eingeschränkt wird: Es zieht sich alles noch ein bisschen.
Für die beiden SPD-Politiker*innen ist der Auftritt zugleich eine Brücke ins kommende Jahr: Lauterbach steht in Sachen Corona unter Druck, nachdem der Virologe Christian Drosten das Ende der Pandemie in Aussicht gestellt hat. Giffey wiederum muss sich in sechs Wochen zur Wiederwahl stellen, weil die Abgeordnetenhauswahl von 2021 wegen zahlreicher Pannen vom Berliner Verfassungsgericht für ungültig erklärt wurde. Da können ein paar gute Nachrichten nicht schaden.
Und so stellt der Gesundheitsminister zwar nicht das sofortige Ende aller Coronamaßnahmen in Aussicht, wie es von einigen FDP-Politiker*innen bereits gefordert wurde. Aber es gebe angesichts der derzeit im Umlauf befindlichen Virusvarianten „keinen Grund zur Panik“ und neue, gefährlichere seien „derzeit nicht zu erwarten“.
Lauterbach will ein „Varianten-Monitoring“ an Flughäfen
Das sei durchaus überraschend, gibt Lauterbach zu, um im selben Satz jegliche Entwarnung als verfrüht abzutun, angesichts von weiter 100 bis 150 Coronatoten jeden Tag. Immerhin geht er davon aus, dass die bis zum 7. April befristeten Maßnahmen, unter anderem die FFP2-Maskenpflicht im Fernverkehr, in dieser Form nicht mehr verlängert werden müssen.
Angesichts der dramatischen Corona-Entwicklung in China kündigt Lauterbach ein engmaschiges „Varianten-Monitoring“ an den europäischen Flughäfen an. Mutationen sollen so frühzeitig erkannt werden. „Darüber hinaus halte ich es für sehr wichtig, dass Europa hier koordiniert reagiert“, sagt Lauterbach. Spanien und Italien haben bereits Einreisebeschränkungen für Reisende aus China eingeführt oder angekündigt.
Der eigentliche Anlass für den Besuch von Lauterbach und Giffey in der Charité ist aber nicht Corona, sondern die Welle von Atemwegserkrankungen, die zuletzt vor allem Kinder und Jugendliche erwischt hatte und die einherging mit einem Mangel an passender Medizin wie Fiebersaft und einer Überlastung von Kinderkliniken und -ärzten.
Die Berliner Uniklinik hatte deswegen alle planbaren Operationen abgesagt und war Mitte Dezember offiziell in den Notbetrieb übergegangen, weil auch der Krankenstand beim Personal immens war.
Strukturelle Probleme in der Kinderklinik
Beim Pressetermin stellt Klinikchef Heyo Kroemer das ein bisschen nüchterner dar. Man habe schlicht die übliche Weihnachtspause bei OPs eine Woche vorgezogen. „In der gleichen Unaufgeregtheit werden wir zeitnah zum Normalzustand zurückkehren“, sagt Kroemer, denn der Krankheitsstand beim Personal nehme deutlich ab.
Nicht so einfach ist eine Lösung für die strukturellen Probleme in der Kinderklinik. Man brauche einen Neubau, drängt der Charité-Chef, entsprechende Unterstützung habe er bei dem Besuch von Giffey und Lauterbach erhalten. Schließlich, so Giffey, bräuchte es locker doppelt so viele wie die 13 Intensivbetten, angesichts der vielen schweren Fälle, die dort behandelt würden. Und die nicht nur aus Berlin kämen.
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Laut Lauterbach könnte an dem neuen Standort ein nationales „Center of Excellence“ für Kindermedizin entstehen, wie es die meisten Industrieländer längst hätten. Doch die Planungen sind erst am Anfang, mit einer Umsetzung ist laut Giffey frühestens 2027/28 zu rechnen. Und selbst das wäre flott.
Schneller gehen soll es mit der Reform der Krankenhausfinanzierung, für die Lauterbach wirbt. Insbesondere Kinderkliniken seien durch die Abrechnung anhand von Fallpauschalen nicht rentabel zu führen. Der Minister schlägt daher zusätzliche Gelder über sogenannte Vorhalteposten als Ergänzung vor. Im Januar sollen die Verhandlungen darüber beginnen.
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