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Lauterbach, AfD und RusslandSuche nach der Mitte

Außenministerin Baerbock fordert Einigkeit beim Umgang mit Olympia in Peking. Und die Sorge vor einem Angriff auf die Ukraine bleibt.

Will sich für Menschenrechte einsetzen: Annalena Baerbock Foto: Hannibal Hanschke/reuters

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mit 66 bekommt Friedrich Merz endlich den CDU-Vorsitz.



Und was wird besser in dieser?

Nur noch 6 Jahre, und ich moderiere „Anne Will“!

Es gibt zu wenig Impfstoff in Deutschland. Das hat auch den neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach überrascht. Nicht die passendste Zeit für Überraschungen, oder?

Das war die letzte Wild Card des neuen Ministers. Ab dieser Inventur haftet er für jeden Blödsinn. Und so höflich er Vorgänger Spahn aus der Kritik ausnahm, so höflich wird der ein paar Tage warten, bis er Lauterbach angreift. Übrigens fehlt nicht nur Impfstoff in Deutschland. Auch von 100 Millionen Dosen, die wir ärmeren Ländern versprochen haben, sind erst knapp 42 Millionen geliefert. Lauterbach müsste also Optionen im Ausland kaufen, um sie gleich weiter ins Ausland zu verschenken. Spahn … fass!

AfD-Kandidat Hess ist bei der Wahl zum Vorsitz des Innenausschusses durchgefallen. Ist die Blockade richtig oder undemokratisch?

Ausgerechnet bei Geschäftsordnungsfragen hebt eine Gewissenshuberei an, die man bei Sachfragen schon mal vermisst. Sei’s drum – welche Fraktionsgeschäftsführung möchte ihren Abgeordneten schon befehlen, AfD-Bewerber zu wählen? Offenbar keine. So fielen die für Innen-, Gesundheits- und Entwicklungsausschuss allesamt durch. Eng wird das für die Union, die mit jeder Ablehnung nach rechts zwangsläufig mit der Linken zusammenwirkt: Was sie nach ihrer Beschlusslage ebenso wenig darf. Bisher rumpumpelt sie dazu rabulistisch, das sei die böse Ampel schuld. Das soll übertönen, dass die Union im Alltag die Linkspartei als demokratischen Partner behandelt. Wahrscheinlich um Wagenknecht zu ärgern. 



Noch ist unklar, ob die neue Bundesregierung Vertreter zu den Winterspielen in China schickt. Wird sich bald zeigen, wie wichtig dem SPD-Kanzler Menschenrechte wirklich sind?


Winterspiele in Peking sind ungefähr so pfiffig wie, sagen wir mal, in Marokko. Die Wüste Gobi um die Ecke, Wassermangel, und beim Stichwort „Schnee“ schaut der Zivilist hilflos zum Dolmetscher. Bestwerte in der B-Note für den künstlerischen Eindruck, wenn Russland, das IOC und China selbst tremolieren, Olympia habe nichts mit Politik zu tun. Wäre es so, bliebe nur Korruption als Erklärung. Baerbock fordert eine gemeinsame euro­päi­sche Haltung. Klingt nach der Mitte zwischen „Scholz will leise treten“ und „Grüne drehen komplett am Rad“.

Es gab Morddrohungen gegen Sachsens Ministerpräsident Kretschmer in rechten Telegram-Gruppen. Bei einer Razzia wurden laut LKA Armbrüste und Waffen gefunden. Aufgedeckt wurde das zunächst vom ZDF-Magazin „Frontal“ und nicht von der zuständigen Polizei. Ist das die neue Aufgabenteilung in Deutschland?

Ministerpräsident Kretschmer feierte darauf den „wehrhaften“, sein Innenminister Wöllner den „handlungsfähigen Rechtsstaat“. Was man halt so sagt, wenn man zwischen zwei Mainzelmännchen erfährt, dass eine Armbrust auf einen zielt. Zwei Probleme: Erstens die Radikalisierung zur Gewaltbereitschaft hin. Da muss man zwischen RAF und NSU und Quertrinkern mal ausdrücklich die Klimaschützer loben, die ohne auskommen. Zweitens: die Globalisierung des Wilden Westens, eine weltumspannende Gesetzlosigkeit der Kommunikation. Die Antwort auf beides hieße: Staat. Damit fällt ein gewisser Tatverdacht auf die Epoche des Neoliberalismus.

An der russisch-ukrainischen Grenze stehen sich die Truppen gegenüber. Die EU droht Russland für den Fall eines Angriffs auf die Ukraine mit Vergeltung. Haben Sie Angst vor einem drohenden Krieg?

Die „rote Linie“ Russlands heißt „Ukraine darf nicht in die Nato“. Also habe ich Angst vor einem Krieg, weil das jederzeit Grüne Menschenrechtskrieger fordern könnten.

Nordrhein-Westfalen hat alle Karnevalsveranstaltungen in Innenräumen abgesagt. Feiern um jeden Preis könne es nicht geben, sagte der Vizepräsident des Bunds Deutscher Karneval, Prömpeler. Sind Sie ein Jecke im Herzen?

Falls Karneval irgendwo kaputtbar sein sollte durch die zwei Jahre Pause, war er keiner. Aber hart isses schon. Wenn Weihnachten im besten Falle Inbrunst ist, ist – rheinischer – Karneval Ausbrunst und als solche zu respektieren.


Und was machen die Borussen?

Ich erhalte Dankschreiben von Hertha-BSC-Fans. Das geht zu weit.

Fragen: Nele Sophie Karsten, waam

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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2 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "Damit fällt ein gewisser Tatverdacht auf die Epoche des Neoliberalismus."



    Die Formulierung muss ich mir merken, ich find sie klasse :o)

  • "[...]eine weltumspannende Gesetzlosigkeit der Kommunikation. Die Antwort [darauf] hieße: Staat. Damit fällt ein gewisser Tatverdacht auf die Epoche des Neoliberalismus."

    Klar, der Neoliberalismus ist literally das einzige politische Movement, das sich als irgendwie antiautoritär anstreicht. Dabei ist der Neoliberalismus natürlich so antiautoritär und staatsfern (der Joke als Elefant im Raum), dass wir ihm Datenschutz und verschlüsselte Kommunkation zu verdanken haben. Sorry, lächerlicher wirds echt nicht mehr.