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Laufzeitverlängerung auf 50 JahreFrankreich hält an alten AKW fest

Frankreichs Atomaufsicht verlängert die Laufzeit der ältesten Meiler auf 50 Jahre. Präsident Macron sieht in Atomenergie Beitrag zum Klimaschutz.

Obwohl alt und marode bleibt auch das AKW in Norgent-sur-Seine in Betrieb Foto: Charles platiau/reuters

Paris taz | Ungeachtet der Bedenken von Um­welt­schüt­ze­r*in­nen hat Frankreichs Atomaufsicht Autorité de sûreté nucléaire (ASN) die Verlängerung der Laufzeit der ältesten französischen Atomreaktoren von 40 auf 50 Jahre gebilligt. Sie knüpft die Laufzeitverlängerung allerdings an Bedingungen, darunter eine Reihe von Reparaturen. Ziel sei es, „die Folgen schwerer Unfälle wie etwa einer Kernschmelze zu verhindern“, sagte der stellvertretende Leiter der Atombehörde, Julien Collet. Auch der Schutz vor „Angriffen auf die Anlagen“ soll nach seinen Worten verbessert werden. Zudem soll der Betreiber Electricité de France (EDF) jährlich einen Sicherheitsbericht vorlegen.

Die Verlängerung betrifft acht Standorte: Darunter ist das Atomkraftwerk Bugey östlich von Lyon, das seit Ende der 1970er Jahre in Betrieb ist. Auch die Reaktoren in Dampierre südlich von Paris und Tricastin nördlich von Avignon können nun voraussichtlich länger Strom liefern. Sie waren Anfang der 1980er Jahre ans Netz gegangen.

Weitere Kraftwerke befinden sich in Chinon und Saint-Laurent an der Loire und Cruas an der Rhône. Die Atomaufsichtbehörde verlangt in mehreren Fällen zusätzliche Installationen, um bislang vernachlässigten Risikofaktoren wie Erdbeben, Hitze oder Trockenheit besser Rechnung zu tragen. Vor einem Jahr hatte die Atomaufsichtsbehörde noch die Sorge geäußert, der Betreiber EDF könnte sowohl finanziell als auch personell vom Ausmaß der verlangten Reparaturen überfordert sein. Dem Betreiber würde es an kompetenten Fachleuten fehlen. Arbeiten müssten von Fremdfirmen übernommen werden.

Greenpeace Frankreich kritisiert den Beschluss und sieht darin eine Kapitulation vor den Interessen der Energiewirtschaft. Die Anti-Atom-Initiative „Sortir du nucléaire“ befürchtet zudem, dass die von der Atomaufsicht nun vorgeschriebenen Arbeiten erst erfolgen, wenn die Reaktoren 47 oder 48 Jahre in Betrieb waren. Und auch die deutschen Grünen verurteilen diesen Beschluss. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl erklärte: Der hochverschuldete Atomkonzern EDF wolle noch einmal Profit erzielen. „Das geht mit einer drastischen Erhöhung des Unfallrisikos einher.“

Fessenheim 2020 abgeschaltet

Im Juni 2020 hatte Frankreich sein ältestes Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim unweit von Freiburg im Breisgau nach 43 Jahren Betrieb abgeschaltet. Vorausgegangen waren jahrelange Proteste aus Deutschland und der Schweiz, da die Reaktoren als störanfällig galten und in einem Erdbebengebiet am Oberrhein standen.

Frankreich bezieht fast 70 Prozent des Stroms aus Atomkraft. Nach Ansicht der Regierung und der Atomindustrie ist das Land darauf angewiesen, auch die alten Reaktoren so lange wie nur möglich zu benutzen. Denn bis die Kapazitäten aus erneuerbaren Energiequellen ausreichten, würde es noch dauern.

Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Ersatz fossiler Energien zur Verminderung der Treibgasemissionen wird zudem die Atomenergie in Frankreich immer wieder als kleineres Übel gesehen. Aus diesem Grund hatte Ende 2017 der damalige Umweltminister Nicolas Hulot, vormals Frankreichs prominentester Umweltschützer, das ursprüngliche Ziel, den Anteil des Atomstroms von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren, auf 2035 vertagt, um so „dank“ AKWs wenigstens einen Teil der fossilen Energie zu ersetzen.

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25 Kommentare

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  • AKW akzeptiere ich inzwischen als CO2-arme Energie. Aber doch nicht die alten schrottreifen Dinger mit alten Standards ewig verlängern, bitte neue, sicherere bauen, auch wenn's teuer ist.

  • Mein Argument war, dass man sie nicht zwingend benötigt. In einem europäischen Verbundnetz genügt es (ausreichend Leitungskapazität vorausgesetzt), wenn zwischen Nordkap und Gibraltar genügend Strom da ist, um die Last zu decken.

    Mir ist bewusst, dass ich mich damit bei den Fans des dezentral erzeugten "Bauernmarkt"-Stroms nicht beliebt mache, aber unter Versorgungssicherheits- und Preis-Aspekten sehe ich eine großräumige Vernetzung als beste Alternative an.

    • @Meister Petz:

      ging an Fly

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ein Armutszeugnis für Macron.Offenbar hat der nichts kapiert aber sich als der große Umweltfreund darstellen. Das ist so billig!

    Die Uranminen im Niger unter französischer Führung laufen auf Hochtouren!



    Lasst euch nicht veräppeln. Es reicht, wenn Merkel diesem Wirtschaftsliberalen auf den Leim geht.

  • Der Stromausfall in Texsas wird viele die Augen öffnen. Ohne Atomkraft geht es nicht.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Kristina Ihle:

      Ja, in Texas vielleicht. Da geht auch nichts ohne Waffen in jedem Haushalt. Das ist der Maßstab?

    • @Kristina Ihle:

      Dass in Texas u.a. ein Atomkraftwerk (not)abgeschaltet werden musste, weil die ganze Anlage nicht Wintersicher war, ist ihnen (mit ihren "offenen Augen") entgangen?



      Zu anderen Punkten hat @INGO BERNABLE ja schon aufgeklärt.

    • @Kristina Ihle:

      Die Probleme in Texas wären mit mehr AKWs nicht zu lösen.



      1.) Als besonders stolze Patrioten haben die Texaner ihr Stromnetz nicht mit dem anderer Bundesstaaten verbunden, weshalb keine Möglichkeit bestand den gestiegenen Bedarf von dort ins Netz zu holen. Für den Ausgleich eher kurzfristiger Schwankungen braucht es aber Regelenergie und die wird idR nicht von AKWs erzeugt.



      2.) Eine völlig marode Infrastruktur die zudem nie für Minusgrade ausgelegt war. Wenn der Strom nicht mehr transportiert werden kann weil eingefrorene Strommasten umknicken oder Gaskraftwerke abgeschaltet werden müssen weil die Gasleitungen eingefroren sind helfen auch keine zusätzlichen AKWs. Im Gegenteil sie können selbst zum Problem werden, wenn nämlich die Leitung die den erzeugten Strom abtransportieren soll ausfällt folgt zwangsläufig die Notabschaltung. Die aber ist darauf angewiesen, dass für die weiterhin notwendige Kühlung Energie zur Verfügung steht. Wenn dann die Leitung nicht mehr existiert, bleiben nur noch die Notstromaggregate bei denen sich in einer solchen Situation dann die Frage stellen wird ob sie auch in der texanischen Wüste frostsicher ausgelegt wurden.

  • Lassen wir mal die Tatsache beiseite, dass es nach Lobbying stinkt, aber das Argument Klimaschutz ignoriert hier wieder einmal den Umweltschutz, was die Sache nicht besser, aber umso absurder macht, weil ohne Umweltschutz auch kein Klimaschutz möglich ist. (Bestes Beispiel sind die Wasserkraftwerke in Brasilien, für die noch mehr Wald gerodet wurde.)

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Tja, das ist halt die zweite Seite der Medaille.



    Wir sind Energie hungrig und ein AKW ist halt besser fürs Klima als das kohlekraftwerk

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @15833 (Profil gelöscht):

      Klar, für die Umwelt ganz besonders. Scheuklappendenken!

  • Vertraut doch einfach, wie Japan, der wissenschaftlichen Expertise. Der Tsunami von Fukoshima war auch nicht vohergesehen.

  • Deutsche Energiewende heißt: Bei Windstille und Dunkelheit halten die französischen Kernkraftwerke das deutsche Netz stabil.

    Dank Atomausstieg ist Deutschland zunehmend auf Stromimporte angewiesen. 33.000 GWh importiert in 2020, 36% mehr als in 2019, davon das meiste aus Frankreich.

    Der deutsche Alleingang funktioniert wieder nur weil die Nachbarn das kompensieren. Scheinheilig sich darüber aufzuregen, was man selbst verursacht hat.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Descartes:

      Würde es nicht so viele Bügerintitativen gegen eine Verlegung von Stromtrassen von Norden nach Süden geben, bräuchten wir wohl auch keinen Atomstromzukauf.



      Außerdem ist die Geothermie im Münchener Raum auf dem Vormarsch. In Hamburg und Aachen plant man auch schon.



      Handy abschalten soll auch helfen.



      Noch besser wäre es, den Wirtschaftsminister abzuschalten, der nichts auf die Reihe bekommt.

    • @Descartes:

      Den Importen von 33,7 TWh stehen aber Exporte von 52,3 TWh entgegen. Man könnte also auch umgekehrt argumentieren, dass unsere europäischen Nachbarländer obwohl sie teils wie Frankreich voll auf Atomstrom oder auf Kohle (Polen) setzen auf den Import von deutschem Ökostrom angewiesen sind.

      • @Ingo Bernable:

        Nur dass unsere Nachbarn in der Lage sind, ihren Strombedarf unabhängig von Deutschland zu decken, umgekehrt trifft das nicht zu. Unsere Nachbarn spielen für uns momentan den Puffer: wenn wir einen Überschuss haben, fahren sie ihre Produktion runter und nehmen unseren Strom und bekommen von uns noch Geld dafür. Wenn wir einen Mangel haben, liefern sie uns zu happigen Preisen den Bedarf. Auch deshalb sind unsere Strompreise so extrem hoch. Wenn alle das machen würden, was wir tun, hätten wir Stromausfälle ohne Ende.

        • @Luftfahrer:

          Negative Strompreise gab es 2020 298h lang. Das ist also noch immer eine eher seltene Ausnahme. Zumal Endkunden- und Spotpreise beim Strom nur noch eher entfernt etwas miteinander zu tun haben. Bei den Preisen macht sich viel mehr bemerkbar, dass darüber der Umstieg auf die Erneuerbaren und der Netzausbau finanziert werden müssen. Wenn dieser Umbau aber abgeschlossen ist dürften auch die Preise wieder deutlich sinken, denn spätestens wenn man die externalisierten Kosten von Kohle und Atom durch Klimaschäden und Endlagerkosten mit berücksichtigt sind Sonne und Wind unschlagbar günstig.

        • @Luftfahrer:

          Und unsere Strompreise sind nicht deswegen so hoch, weil die "Exporteure" einen Mangelzuschlag erheben. Im Mittel sind die reinen Erzeugungs- und Beschaffungspreise in Europa ziemlich gleich. Es liegt daran, dass die Abgaben so hoch sind (mittlerweile an die 60%). UK zum Beispiel, ein Land mit hohem Kernkraftanteil, aber nur noch noch unter 5% Kohleverstromung, genehmigt sich auf Haushaltsstrompreise nur 4% MwSt, Deutschland aber 19%, bzw 16% mit Coronarabatt.

        • @Luftfahrer:

          Ich wundere mich ja immer, dass, wenn es um das Thema Strom geht, selbst in der taz der Nationalismus ausbricht. Es ist völlig irrelevant, ob Deutschland Strom "exportiert" oder "importiert", weil Strom europaweit gehandelt und exportiert wird. Und wenn er heute in Frankreich billiger ist, wird er "importiert", wenn er in Deutschland billiger ist, wird er "exportiert".

          Beim Gas interessiert es doch auch keinen, dass Deutschland "seinen Bedarf nicht unabhängig decken kann", sondern auf die Lieferungen von Väterchen Putin angewiesen ist. Und wenn die Kommentatoren - frech unterstellt - bevorzugt Barolo oder Primitivo trinken, ist das auch kein Hinweis darauf, dass in der Pfalz oder in Franken der Wein knapp wird!

          • @Meister Petz:

            Wenn das mit dem "Not in my backyard" so recht und billig ist, dann könnten wir ja eigentlich auch noch aus der Windenergie aussteigen. Die Windräder können sich dann die Franzosen und Polen in ihre Landschaft stellen und wenn wir Windstrom brauchen, dann importieren wir ihn von dort.



            Zugleich könnten wir uns selbst auf die Schulter klopfen, dass bei uns keine Vögel mehr durch Windräder gekillt werden. Win-Win-Win. Oder?

          • @Meister Petz:

            Gut, dann läßt man halt die Staatenbezeichnung weg. Aber der Fakt bleibt doch, dass um das Gebiet, welches heute als Deutschland bezeichnet wird, Energieanlagen stehen, die man für die Sicherstellung der Energieversorgung benötigt, die man aber hier nicht haben möchte.

            • @fly:

              Das ist kein Fakt, hören sie bitte auf damit.



              Tatsächlich sind Kohlekraftwerke und AKWs, Grundlastkraftwerke und haben nicht die Möglichkeit, Schwankungen auszugleichen.



              Für die Sicherstellung der Energieversorgung werden Speicher und Gaskraftwerke benötigt. Gas nur, weil ihre Reaktionszeit höher ist und nicht weil es besser als Kohle ist.

  • Zudem scheint es so zu sein, dass EDF zumindest an einigen der Standorte MOX verwendet, was üblicherweise mit einer Leistungserhöhung über die ursprüngliche Auslegung hinaus einhergeht. Wenn eine Airline einen Linienflug so planen würde, dass die Strecke nur mit Verwendung der Treibstoffreserve zu schaffen ist würde da kein Passagier freiwillig einsteigen, aber bei AKWs meint man offenbar die Sicherheitsmargen regulär nutzen zu können. Einfach nur Wahnsinn!

  • "Denn bis die Kapazitäten aus erneuerbaren Energiequellen ausreichten, würde es noch dauern"

    Ersetze "würde" durch "wird".

    • @fly:

      Es fehlt noch: bis die nötigen Speicherkapazitäten großserienreif entwickelt und aufgebaut sind, wird es noch sehr sehr lange dauern. Und möglicherweise zu Strompreisen im Bereich von 50ct/kWh führen, schließlich müssen auch die Speicher bezahlt werden. Die Franzosen fahren mit 16ct/kWh, die heizen auch elektrisch.