Debatte um AKW-Laufzeiten: Wenig Strom und viel Ärger

Das Wirtschafts- und das Umweltministerium lehnen längere AKW-Laufzeiten wegen hoher Risiken ab. Die Sicherheit wäre nur ein Problem.

Die Atomkraftwerke (AKW) Isar 1 (r) und Isar 2 mit dem Kühlturm in der Mitte.

Die Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt lehnen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ab Foto: Armin Weigel/picture alliance

BERLIN taz | Die Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt lehnen einen Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke aus rechtlichen, finanziellen und technischen Gründen ab. „Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der drei noch bestehenden Atomkraftwerke auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu empfehlen“, so das Fazit einer Prüfung, die die beiden grün geführten Häuser am Dienstag veröffentlicht haben. Damit reagieren sie auf Überlegungen unter anderem der bayerischen Landesregierung zum Weiterbetrieb der Meiler.

Nach Prüfung durch die Ministerien wären für einen Weiterbetrieb umfangreiche rechtliche und behördliche Schritte notwendig. So könne zwar der Betrieb der drei noch bis Ende 2022 laufenden AKWs Isar 2, Emsland und Neckarwestheim II um bis zu 80 Tage „gestreckt“ werden, wenn sie im Sommer entsprechend weniger liefen. Das aber würde nur dazu führen, dass im Frühjahr 2023 mehr Strom zur Verfügung stünde – was in der Gasknappheit kaum helfe, weil Gaskraftwerke so teuren Strom erzeugen, dass sie praktisch nicht ans Netz gehen.

Eine tatsächliche Verlängerung würde sich nur rechnen, wenn sie mindestens 3 bis 5 Jahre dauere – bis dahin sei das Problem aber behoben, heißt es. Außerdem müssten dafür neue Brennelemente hergestellt und TechnikerInnen wieder eingestellt oder neu geschult werden. Und die AKWs müssten praktisch vom Staat betrieben und bezahlt werden, einschließlich der teuren Versicherungsprämien – denn die Konzerne als Betreiber haben sich aus dem Betrieb verabschiedet und wären zu einer neuen Runde nur bereit, wenn sie alle Risiken auf den Staat übertragen könnten.

Vor allem aber, so argumentieren die Fachleute, würde auch ein begrenzter Weiterbetrieb eine Welle an aufwendigen und zeitraubenden Sicherheitsüberprüfungen nach sich ziehen. Denn eigentlich hätten die letzten drei AKWs schon 2019 eine umfangreiche Sicherheitsinspektion durchlaufen müssen – sie wurde ihnen mit Blick auf ihr Ende 2022 erlassen. Ungeklärt wäre auch, was mit dem zusätzlich anfallenden Atommüll zu tun sei.

Praktisch unmöglich sei es, bereits abgestellte Reaktoren wieder zum Leben zu erwecken. Das bräuchte eine neue Betriebsgenehmigung, die aber wegen fehlenden Fortschritts bei der technischen Sicherheit kaum zu bekommen wäre. Und weil die AKWs nur wenig zur Stromversorgung beitragen, „bleiben Zweifel, ob eine Verlängerung in der aktuellen Situation verfassungsrechtlich belastbar begründet werden kann“. Klagen „hätten durchaus aussichtsreiche Erfolgschancen“.

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