Langzeitstudie zu Armut: Isoliert und abgehängt

Eine Langzeitstudie untersucht, wie sich Armut im Kindes- und Jugendalter auch später fortsetzt. Die Ergebnisse sind ernüchternd.

Kinderschuhe verschiedener Größen stehen aufgereiht nebeneinander

Kinderschuhe sind teuer! Foto: Judith Thomandl/imageBROKER

Berlin taz | Jedes dritte Kind, das vor 20 Jahren in Armut gelebt hat, lebt auch heute noch in Armut. So lautet das Fazit einer Langzeitstudie des Frankfurter Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zum Thema „Lebenslagen und Lebenschancen bei Kindern und Jugendlichen“. Deren aktuelle Ergebnisse wurden am Mittwoch in Berlin vorgestellt.

Die Forscher hatten 1999 begonnen, die Lebensläufe von 205 Studienteilnehmenden im Alter von 6 Jahren zu verfolgen. Mittlerweile sind die Probanden 25 Jahre alt. Innerhalb der Familien könne es zur „Reproduktion von Armut“ kommen, so die Forscher – allerdings handele es sich hierbei um „keinen Automatismus“. Die entscheidende Lebensphase sei der Übergang vom Kindesalter ins junge Erwachsenenleben. „Wenn es an diesen sensiblen Übergangsphasen passende soziale Dienstleistungen und ein funktionierendes soziales Netz gibt, dann steigen die Chancen der Betroffenen, der Armut zu entkommen“, sagte der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler.

Die Studie hebt die Rolle von Berufskollegs für die Erlangung höherer Bildungsabschlüsse hervor. Ausreichend sei das aber nicht: Wer in einer armen Familie aufwächst, bekommt weniger Unterstützung durch Freunde und Familie. Bei einem Fünftel der Befragten mit Ar­muts­erfahrung war der Vater als Bezugsperson nicht vorhanden. Allgemein gebe es bei Armen oft das „Gefühl, die Norm eines erfolgreichen jungen Erwachsenenlebens nicht zu erfüllen“. Das Risiko, in vielfacher Hinsicht isoliert und abgehängt zu sein, ist für Menschen in Armut fast zehnmal so hoch wie für Nichtarme.

Was die Studie auch betont: Menschen mit Armutserfahrung hätten einen klareren Blick darauf, welche Versprechen unsere Demokratie bislang nicht eingelöst habe: Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.