Landtagswahlkampf in NRW: Wer hat das schlimmste Deutsch?
In anderthalb Wochen wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Der Blick auf die Wahlplakate ist ernüchternd.
I n anderthalb Wochen wird in NRW gewählt. Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland sind wichtig, weil es eben so reich an Bevölkerung ist und sonst auch nicht mehr aussagt. SPD und CDU liegen in den Umfragen so ziemlich gleichauf, die Grünen rangieren deutlich vor der gerade mit der CDU regierenden FDP.
Den Ton gibt allerdings eine andere Partei an. Den Sponti-Spaßbratzen-Slogan „Inhalte überwinden“ der (Satire-) PARTEI haben sich in NRW alle anderen Parteien zu eigen gemacht. Das gilt vor allem für die an so ziemlich jedem Mast zwischen Rhein und Weser baumelnden Wahlplakate. „Klimaschutz – gemeinsam bewegen“ heißt es bei den Grünen. Das ist lahm und auch noch schlechtes Deutsch. Haben Sie schon mal Klimaschutz bewegt? Die Grünen scheinen das geahnt zu haben. Deshalb steht auf dem Plakat nix von den Grünen als Partei, sondern bloß „Von hier an Grün“. Zur weiteren Tarnung ist das sogar noch lila hinterlegt.
Dabei ist Lila ja eigentlich die Farbe der neuen Partei Volt, die schwer auf Europa macht. In NRW kommt sie aber nicht über den Spruch „Wer neue Politik will, muss neue Politik wählen“ hinaus. Da fehlt jeder Inhalt, genauso wie bei der FDP. Die hat sich für budgetschonende 3,99 eine Phrasendreschmaschine gekauft und wirbt wahlweise mit „Freiheit bleibt systemrelevant“ oder „Wenn deine Oma online ist, kann Amt das auch“.
Bei der SPD haben sie dafür wieder zu lange bei schlechtem Rotwein Arbeiterlieder von Sonne, Freiheit und Morgenröte gesungen. Jedenfalls kam „Für Euch gewinnen wir das Morgen“ dabei raus. „Weil besser möglich“ lautet ein anderer SPD-Spruch.
Schön gestrichen
Dieser Wahlkampf ist offenbar auch ein Wettkampf ums schlimmste Deutsch. Da wirkt „Machen, worauf es ankommt“ (CDU) völlig unverdient sympathisch, weil es immerhin ein ganzer Satz ist. Wozu auch Inhalte? Obwohl, doch, da: „Einfach fair Luftlinie zahlen? eezy!“ wirbt ein anderes Plakat. Ach so, ist gar nicht zur Wahl. Ist Werbung vom Verkehrsverbund Rhein-Sieg für ÖPNV-Tarife.
Die intelligentesten Plakate hat ausgerechnet die Partei, die wenig Chancen hat, in den Landtag zu kommen. Die Linke wirbt mit kongenialem Durchgestreiche. „A̶r̶m̶u̶t̶“ heißt es da zum Beispiel oder „U̶n̶b̶e̶z̶a̶h̶l̶b̶a̶r̶e̶ ̶M̶i̶e̶t̶e̶n̶“ oder, weil ÖPNV so schön ist, „fährt immer s̶e̶l̶t̶e̶n̶e̶r̶“.
„Wer braucht denn die Plakate? Die millionenschweren Ausgaben und die nachfolgenden Kosten wegen Vandalismus sollten für den Klimaschutz umbudgetiert werden“, fordert die Mitbewohnerin.
Wie schrieb ein kundiger WDR-Kollege neulich? NRW-Wahlkämpfe litten oft „an einer gewissen Überakzentuierung des Banalen“. Wie wahr! Die PARTEI hat das übrigens schon immer gewusst und deshalb auch das Plakat „Wahlplakate verbieten!“ im Repertoire.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe