Landtagswahlen in Baden-Württemberg: Rot-Grün-Schwäche beim SWR
Im TV-Duell in Baden-Württemberg trifft Ministerpräsident Mappus auf SPD-Mann Nils Schmid. Obwohl der grüne Kandidat in Umfragen klar auf Platz zwei liegt.
STUTTGART taz | Baden-Württemberg könnte in die Geschichte eingehen, als Bundesland mit dem ersten grünen Ministerpräsidenten. Trotzdem darf Grünen-Spitzenkandidat Winfried Kretschmann nicht als Herausforderer von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) antreten - zumindest nicht im TV-Duell beim Südwestrundfunk (SWR). Diese fragwürdige Entscheidung hatte der SWR bereits in der vergangenen Woche bekannt gegeben.
Seit Monaten liegen die Grünen in Umfragen an zweiter Stelle hinter der CDU, mit fünf bis zehn Prozentpunkten vor der SPD. Doch diese veränderte politische Situation schlug sich in der Programmkonzeption des SWR nur geringfügig nieder. Mappus soll sich mit dem SPD-Spitzenkandidaten Nils Schmid duellieren. Kretschmann dürfe dafür in einer anderen Sendung länger reden als die anderen Kandidaten.
Mappus hatte nach der Kritik der Grünen angeboten, in zwei Duellen anzutreten, was der SWR ablehnte. Umgekehrt verweigerte sich der CDU-Kandidat einem Angebot des zum Schwäbischen Verlag gehörenden Senders Regio TV für ein Duell Mappus gegen Kretschmann. "Wir möchten unserer Linie treu bleiben und kein TV-Duell im Privatfernsehen", soll er mitgeteilt haben. Der schwarz-grüne Konflikt, der sich wegen des Bahnhofsstreits seit Monaten auf Stuttgarts Straßen abspielt, findet somit im Fernsehen nicht statt.
"Eine Diskussion zwischen Stefan Mappus und Nils Schmid geht vollkommen an der aktuellen politischen Realität vorbei - ja, sie verzerrt diese sogar in nicht akzeptabler Weise", schrieben die beiden grünen Landesvorsitzenden Silke Krebs und Chris Kühn in einem offenen Brief an den SWR-Intendanten Peter Boudgoust (CDU).
SWR-Justiziar Hermann Eicher erklärte der taz, dass neben dem journalistischen Ansatz auch juristische Aspekte bei der Entscheidung zu berücksichtigen gewesen seien. Dabei verweist er auf Rechtsprechungen früherer Fälle, beispielsweise als 2002 FDP-Chef Guido Westerwelle versucht hat, sich in das Duell zwischen Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seines damaligen Herausforderers Edmund Stoiber (CSU) einzuklagen. "Man hat immer schon die Frage diskutiert, welchen Stellenwert die Umfragewerte haben", so Eicher. Diese dürften nach der Rechtsprechung allenfalls zur Abrundung der Wahlergebnisse herangezogen werden. Aufgrund der Landtagswahl 2006 und der Bundestagswahl 2009 "kamen wir zu dem Ergebnis, dass der Herausforderer von Mappus die SPD ist", sagte Eicher.
Dabei betrachtet selbst die CDU die Grünen als Hauptgegner, wie in diversen Reden und Stellungnahmen deutlich wird. In einer offiziellen SWR-Mitteilung heißt es: "Journalistisch spielte bei dieser Entscheidung eine Rolle, dass im Duell alle wesentlichen Themenschwerpunkte des Wahlkampfes thematisiert werden sollen, welche außer Verkehrspolitik und Umwelt auch Wirtschaft, Arbeitsplätze und Bildung umfassen" - eine Begründung, die die Grünen erst recht sauer macht, lesen sie doch daraus, dass sie von Bildung und Wirtschaft keine Ahnung hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt