Mappus und der Energiekonzern EnBW: Erst gekauft, dann gefragt
Hat Stefan Mappus den Landtag belogen? Im Dezember hatte er die EnBW zurückgekauft. Doch ein Gutachten darüber soll erst im Nachhinein vorgelegen haben.
STUTTGART taz | Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gerät wegen des Rückkaufs von Aktien des Energiekonzerns EnBW erneut in Erklärungsnot. Nach Informationen des Magazins Spiegel hat er vor dem Landesparlament gelogen. Demnach wurde ein Gutachten über die Rechtmäßigkeit des Deals erst im Nachhinein angefertigt.
Am 6. Dezember hatte Mappus völlig überraschend verkündet, für 4,67 Milliarden Euro wolle das Land die 45 Prozent der EnBW-Aktien zurückkaufen, die der französische Energiekonzern EdF vor zehn Jahren erworben hatte. Inhaltlich wurde der Kauf gelobt. Weil Mappus die Entscheidung am Parlament vorbei fällte, war die Opposition empört. Da Mappus aus ihrer Sicht das Haushaltsrecht verletzt hat, kündigten SPD und Grüne bereits eine Klage vor dem Staatsgerichtshof an (taz vom 21. 1.). Auch war kritisiert worden, dass Mappus die Bank Morgan Stanley mit der Abwicklung des Kaufs beauftragt hatte. Deren Deutschlandchef Dirk Notheis ist mit dem Ministerpräsidenten eng befreundet.
Nun also die nächste Ungereimtheit. Dass Mappus den Landtag bei der Entscheidung nicht einbezogen hatte, begründete er mit einem "unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnis". In seiner Regierungserklärung am 15. Dezember erklärte er: "Zu dieser Frage wurde vorab ein verfassungsrechtliches Gutachten der beratenden Anwaltskanzlei eingeholt, welches das Vorgehen des Finanzministers bestätigt." Wie der Spiegel berichtet, sei das Gutachten der Kanzlei Gleiss Lutz allerdings auf den 15. Dezember datiert, da war der Vertrag schon unterzeichnet.
Wie der Spiegel weiter berichtet, sei auch eine andere Rechtfertigung von Mappus fragwürdig. Sein eiliges Vorgehen hatte er auch damit begründet, dass EdF es ablehnte, eine Entscheidung des Landtags abzuwarten. Dies habe eine Sprecherin der EdF nicht bestätigt. "Das Unternehmen hat lediglich ein Angebot angenommen, das ihm vom Land Baden-Württemberg unterbreitet wurde", wird sie zitiert.
Der Minister im Staatsministerium, Helmut Rau, bezeichnete die Vorwürfe als "völlig absurd und leicht zu widerlegen". Die Kanzlei habe ihre Ergebnisse der Prüfung vor der Entscheidung dem Staatsministerium vorgetragen. Alles andere sei eine bösartige Unterstellung. Dass die EdF nicht bereit gewesen wäre, einem Parlamentsvorbehalt zuzustimmen, könnten die beteiligten Verhandlungspartner bestätigen. Die Opposition sieht hingegen einen dringenden Aufklärungsbedarf. Der Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann forderte Mappus am Wochenende auf, umgehend Stellung zu nehmen.
Derweil verlor die CDU in einer neuen Emnid-Umfrage im Auftrag des Magazins Focus zwei Monate vor der Landtagswahl 1 Prozentpunkt und kommt jetzt auf 40 Prozent. Die Grünen, die 2 Prozentpunkte verloren haben, liegen bei 27 Prozent, die SPD bei 20 und die FDP bei 5. Die Linke würde mit 4 Prozent nicht in den Landtag einziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt