Lager-Quarantäne für Geflüchtete: „Unverantwortliche Unterbringung“
Mit Corona infizierte Geflüchtete werden in Hamburg in der Einrichtung am Neuen Höltigbaum kaserniert. Hilfsstelle Fluchtpunkt hält das für falsch.
Nach Auskunft der Innenbehörde werden neu eingereiste Flüchtlinge vorsorglich verdachtsunabhängig auf das Corona(Covid-19)-Virus getestet. Im Falle einer Infektion werden die Menschen in einem abgetrennen Infektionsbereich der Flüchtlingsunterkunft am Neuen Höltigbaum untergebracht.
Ebenfalls am Höltigbaum festgehalten werden Menschen, bei denen keine Infektion festgestellt wurde, die aber aus Risikogebieten angereist sind oder Kontakt zu Infizierten hatten. Sie müssen zwei Wochen lang in einem Isolationsbereich ausharren. Alle Übrigen werden im Ankunftszentrum in Rahlstedt aufgenommen.
„Wir halten es für unverantwortlich, dass man die Lagerunterbringung in dieser Lage aufrecht erhält“, sagt Heiko Habbe von Fluchtpunkt. Die an die Diakonie angedockte Hilfsstelle arbeitet für einen „humanen, an christlichen Werten orientierten Umgang mit geflüchteten Menschen“.
Heiko Habbe, Fluchtpunkt
Aus Habbes Sicht sind Sammelunterkünfte nicht geeignet, Menschen davor zu schützen, dass sie einander anstecken. Erst recht widerspreche das den Zielen einer Quarantäne. „Der Schutz der Menschen macht dringend erforderlich, dass man die großen Flüchtlingslager jetzt schnell auflöst“, sagt Habbe.
Am Dienstag waren in den drei Erstaufnahmeeinrichtungen in Haburger Poststraße, Kaltenkirchener Straße und Sportallee sowie im Ankunftszentrum in Rahlstedt 854 Menschen untergebracht. Die Belegung der einzelnen Einrichtungen lag zwischen 106 und 275.
Fluchtpunkt fordert, dass diese Menschen aus Infektionsschutzgründen dezentral untergebracht werden. „Es müssten eigentlich reichlich Hotelkapazitäten geben, die man anmieten kann“, sagt Habbe.
Im Februar kamen 583 Flüchtlinge nach Hamburg, deutlich weniger als im Durchschnitt des Vorjahres. 365 davon durften bleiben. 131 von ihnen brauchten eine öffentliche Unterkunft. Angesichts der verstärkten Grenzkontrollen und Einreisesperren aufgrund der Corona-Krise ist zu erwarten, dass diese Zahl sinken wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!