Ländle-Grüne kriseln: Kretschmann hat Krach mit Grünen
In Baden-Württemberg streiten der grüne Ministerpräsident und seine Landtagsfraktion über ein Gleichbehandlungsgesetz. Zur Freude der CDU.
Die CDU, der derzeitige Juniorpartner, käme dagegen auf 32 Prozent. Die AfD liegt bei 16 Prozent, die SPD bei 13 und die FDP in ihrem Stammband gerade mal noch bei 5 Prozent. Für die Grünen ist das der schlechteste Wert seit 2010.
Schwierige Voraussetzungen für einen grünen Nachfolgekandidaten, der höchstwahrscheinlich Cem Özdemir heißen wird und sich bis Dezember erklären muss. Dann wählen die Südwestgrünen ihre Landesliste für die Bundestagswahl. Will Özdemir Kretschmann beerben, wird er da nicht mehr kandidieren.
Kretschmann verbreitet aber trotz des grünen Tiefs Zuversicht. Die Lage für seine Partei sei zwar „schwierig, aber nicht aussichtslos“, sagte der Ministerpräsident diese Woche. Die Antistimmung beträfe weniger seine Politik im Land als die der Ampel im Bund. Man müsse nun „die offenen Flanken schließen“, sagte Kretschmann. In der Flüchtlingspolitik geschehe das derzeit bereits. Dann könne man sich wieder auf die grünen Kernthemen wie Klimaschutz konzentrieren.
Zu diesen vermeintlich offenen Flanken zahlt er offenbar auch zwei grüne Prestigeprojekte, die für Kretschmanns Staatsministerium jetzt nicht mehr in die Zeit zu passen scheinen. Dabei sind beide im Koalitionsvertrag vereinbart. Mit einer Mobilitätsgarantie soll der öffentliche Nahverkehr zwischen 5 Uhr und 22 Uhr auch in ländlichen Regionen garantiert werden. Das Projekt war durch das Deutschlandticket in Gefahr geraten, weil sich das Land daran mit erheblichen Mitteln beteiligen musste. Geld, das im Haushalt eigentlich für die Mobilitätsgarantie vorgesehen war. Auch weil die CDU bremst, steht das Projekt ganz infrage.
Noch kritischer sieht es beim Gleichbehandlungsgesetz aus, das die Rechte von Bürgern gegenüber den Behörden stärken sollte. Wer sich von Landesbehörden oder in Gemeinden diskriminiert fühlt, sollte sich bei einer Ombudsstelle beschweren können, nach einem Mediationsversuch bliebe der Klageweg. Das war der Kompromissvorschlag, auf den sich die Fachpolitiker der Koalition nach langen Verhandlungen geeinigt hatten.
Beim Gemeindetag und auch im Kultusministerium kam der Gesetzentwurf jedoch nicht gut an. Man befürchtete eine Flut notwendiger Stellungnahmen nach Beschwerden. Auch der frisch besetzte Normenkontrollrat des Landes, dem der ehemalige grüne Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon vorsitzt, nannte das Gesetz überflüssig und warnte vor zu viel Bürokratie.
Wohl mit dem Ziel, das Gesetz endgültig zu stoppen, schrieb im September der grüne Chef der Staatskanzlei Florian Stegemann an den grünen Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz, er werde diesen Gesetzentwurf nicht mehr einbringen, da er die Erfolge des Bürokratieabbaus, den das Land unternommen habe, gefährde. Zudem führte er eine Stimmungslage ins Feld, die die Regierung nicht „ignorieren könne und dürfe“.
Nun ist Stegmann in Kretschmanns Haus nicht nur der Beauftragte für Bürokratieabbau, sondern auch ein enger Vertrauter des Ministerpräsidenten, weshalb kaum ein Grüner an einen Alleingang des Staatsministers glaubt. Auch wenn Kretschmann beteuert, der Brief sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen.
Entsprechend groß ist die Empörung in der Fraktion. Es ist von „Verrat“ und „in den Rücken fallen“ die Rede. Es wird gezweifelt, ob man mit Stegmann noch vertrauensvoll zusammenarbeiten könne. Andere Abgeordnete sehen in dem Brief ein Zeichen dafür, dass der Gestaltungswille im Staatsministerium „komplett lost ist“. Es gibt Rücktrittsforderungen an Stegmann.
Der grüne Innenpolitiker Oliver Hildenbrand will an dem Gesetzentwurf, der das Gleichstellungsgesetz des Bundes für kommunale und Landesbehörden ergänzt, festhalten. „Ich kämpfe seit dem Koalitionsvertrag um das Gesetz und werde nicht aufgeben.“ Der schwarze Koalitionspartner streut derweil, dass man mit „diesen zerstrittenen Grünen“ nichts mehr hinbekomme.
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