Ladenöffnungen nach dem Shutdown: Auf die Größe kommt's an

Kleine Läden können ab Mitte kommender Woche wieder öffnen. Was gilt, wenn große Läden sich klein machen, ist noch nicht geklärt.

Nix Geiz ist geil – oder doch ein kleines bisschen? Foto: dpa

Ab der kommenden Woche werden etliche Läden wieder öffnen dürfen, das war schon am Mittwochabend auf der Corona-Konferenz von Bund und Ländern deutlich geworden. Die Rede war davon gewesen, dass alle Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 Quadratmetern ab Montag wieder öffnen könnten – unter Einhaltung strenger Hygiene-Auflagen.

In Berlin wird es nicht ganz so schnell gehen, das sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach der Senatssitzung am Donnerstagnachmittag: Erst auf der regulären Sitzung der Landesregierung am Dienstag werde die geltende Eindämmungsverordnung angepasst, öffnen könnten die Läden dann wohl am Mittwoch oder Donnerstag. Die Geschäfte müssten sich ja auf den Neustart auch vorbereiten können.

Noch unklar ist, ob größere Läden – etwa Elektronikmärkte – öffnen können, solange sie sich auf 800 Quadrameter Verkaufsfläche beschränken. Der Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils-Busch Petersen, sagte der taz, er halte es für „das Mindeste“, dass diese Geschäfte einen solchen „Notverkauf“ machen könnten. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil habe das am Mittwoch nach der Pressekonferenz von Bund und Ländern auch vorgeschlagen.

Ebenso wenig steht fest, ob es eine Sonderregelgung für Warenhäuser geben wird. Laut Müller will der Senat darüber noch beraten. Hier warnt Busch-Petersen mit Blick auf Galeria Karstadt Kaufhof, der letzte große Warenhausbetrieb Deutschlands sei schon vor der Coronakrise wirtschaftlich angespannt gewesen. „Die Elendszeit für Warenhäuser im Rahmen des Shutdowns jetzt noch zu verlängern, ist inhaltlich überhaupt nicht gerechtfertigt.“ Bundesweit hingen an Galeria direkt und indirekt rund 60.000 Arbeitsplätze.

Dass die kleineren Läden in Malls und Einkaufszentren öffnen dürften, ist für den Handelsverbandschef dagegen völlig klar: „Nach unserer Rechtsauffassung handelt sich bei einem Laden in einer Mall genauso um einen Laden wie bei dem an einer Straße.“ Eine Mall sei an sich keine Verkaufsfläche, sondern eine „Plattform“.

„Center epidemiologisch im Vorteil“

Die Center seien „epidemiologisch gesehen sogar im Vorteil“, denn sie könnten im Gegensatz zu Geschäften im öffentlichen Straßenraum auch die Flächen vor den Läden managen, unter anderem per Videomonitoring. Die Center-Verwalter hätten ihm auch versichert, dafür zu sorgen, dass sich in den Aufenthaltsbereichen keine Grüppchen bildeten.

Grundsätzlich hält Busch-Petersen die 800-Quadratmeter-Regel für „groben Unfug“. Sie sei das Ergebnis von Gesprächen, bei denen er sich „an Tarifverhandlungen nachts um drei“ erinnert gefühlt habe: „Da kommt dann etwas raus, was keiner richtig erklären kann, ein Flickenteppich der Ungerechtigkeiten. Wir brauchen aber Diskriminierungsfreiheit.“ Die „systemrelevanten Geschäfte“ wie Supermärkte hätten trotz ihrer Größe bewiesen, dass sie das Kundenaufkommen gut managen könnten. „Ob sich da Menschen zusammenballen, lässt sich ja auch viel besser überschauen als in einer verwinkelten Boutique“.

Zur Empfehlung von Bund und Ländern, dass Einkaufende Schutzmasken tragen sollten, sagte Busch-Petersen, sein Verband freue sich über jeden Kunden, der einen Mundschutz trage. Es sei aber gut, dass das zum jetzigen Zeitpunkt auch für das Personal nicht verpflichtend gemacht werde. Dazu seien immer noch nicht genug dieser Artikel auf dem Markt. Und Masken für VerkäuferInnen, die direkt mit frischen Lebensmitteln umgehen? „Wir legen das den Häusern nahe, es ist aber eine Frage der Verfügbarkeit.“ Im Übrigen gelte: „Wir haben schon eine Menge gelernt und werden noch weiterlernen.“

Auch die Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) kritisierte die 800-Quadratmeter-Beschränkung. Dennoch wertete IHK-Präsidentin Beatrice Kramm die schrittweise Lockerung als „positives Signal“ für die Berliner Wirtschaft. Wichtig sei, so Kramm, dass es keinen „Flickenteppich von Verordnungen“ in den verschiedenen Bundesländern gebe. „Was in Berlin gilt, muss auch in Brandenburg gelten und anders herum, ansonsten entstehen wettbewerbliche Nachteile unter den Betrieben.“

Für Restaurants, Kneipen und Diskotheken ändert sich erst einmal gar nicht: Sie müssen zur Eindämmung von Neuinfektionen geschlossen bleiben. Für den Hauptgeschäftsführer des Branchen-Landesverbands Dehoga, Thomas Lengfelder, ist das eine „Katastrophe“. Auch der Geschäftsführer der Berliner Tourismus- und Kongressgesellschaft „Visit Berlin“, Burkhard Kieker, findet den Status quo für die Gastronomie „bitter“, er sei aber „konsequent im Sinne der Seuchenbekämpfung“. Kieker warnte: „Wenn ein Shutdown zu lange dauert, gibt es unter Umständen nicht mehr so viel, was man hinterher eröffnen kann.“

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