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Kunstfund in MünchenGurlitt will kein Bild zurückgeben

Der Kunstsammler-Sohn äußert sich im „Spiegel“ erstmals öffentlich zu dem Fund: Er will alles behalten. Die Bilder seien von seinem Vater rechtmäßig erworben worden.

„Straßenbahn“, das Aquarell von Bernhard Kretschmar, ist eins der Bilder, das Cornelius Gurlitt gerne für sich behalten würde Bild: dpa

MÜNCHEN afp | Der Besitzer der in München sichergestellten Kunstsammlung, Cornelius Gurlitt, hat sich im Nachrichtenmagazin Der Spiegel zum ersten Mal zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Auf die Frage nach einer möglichen Rückübertragung umstrittener Kunstwerke an die ursprünglichen Eigentümer erklärte er demnach: „Freiwillig gebe ich nichts zurück.“ Er habe der Staatsanwaltschaft bereits „genug“ Belege geliefert, die ihn von jedem Verdacht entlasten würden.

Die rund 1.400 Kunstwerke, die in seiner Wohnung sichergestellt worden seien, seien von seinem Vater rechtmäßig erworben worden, sagte Gurlitt dem Spiegel. Justiz und Öffentlichkeit stellten „alles falsch dar“. Gespräche mit den deutschen Behörden lehnte Gurlitt im Gespräch mit einer Reporterin des Magazins, die ihn insgesamt 72 Stunden lang begleitete, aber nicht ab.

Die Beschlagnahmung der Sammlung aus hunderten Gemälden, Grafiken und Zeichnungen kommentierte der schwerkranke 80-Jährige laut Spiegel mit den Worten: „Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin.“ Die Sammlung seines Vaters Hildebrand Gurlitt sei sein Lebensinhalt gewesen. „Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt“, sagte Gurlitt.

In der Wohnung Gurlitts waren im vergangenen Jahr 1.401 Kunstwerke gefunden worden. Diese sollen zum Teil aus NS-Raubkunst stammen, könnten zum Teil aber auch zu der privaten Sammlung von Gurlitts Vater Hildebrand gehören. Die komplizierte Aufklärung der Besitzverhältnisse hat die Staatsanwaltschaft Augsburg übernommen. Ab der kommenden Woche sollen 590 Werke, bei denen es sich um NS-Raubkunst handeln könnte, auf der Internet-Seite www.lostart.de veröffentlicht werden.

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5 Kommentare

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  • R
    Rechtsempfinden

    Ich kann die Vorgänge beim Erwerb der Gemälde nicht beurteilen, dazu fehlt mir wohl die Kaltschnäuzigkeit der Alleswisser. Doch auch bei unrechtmäßigem oder moralisch zu verurteilendem Erwerb fände ich es befremdlich, wenn noch die nächste Generation nach 75 Jahren enteignet wird. Hier müssen andere Wege gefunden werden, etwa ein Entschädigungsfonds - natürlich auch unter Beteiligung der Familie.

  • KK
    Karl K

    Was bitte erwartet - wer? - von einem Entartete-Kunst-Gewinnler?

    (darunter fallen zwanglos auch Erben)

     

    "…„Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin.“ …"

     

    ok - Vorschlag zur Güte, Herr Gurlitt:

    Wie wär's mit einer Schenkung auf den Todesfall?

    unabhängig davon könnten sich als beraubt Einschätzende ihre Ansprüche

    auf die jeweiligen Bilder geltend machen;

    einer späteren Restitution unabhängig davon stünde nichts im Wege!

    • @Karl K:

      Sehr einverstanden.

       

      Bei der Lektüre des Spiegelberichts, wie er seit Montag in der Print-Ausgabe verfügbar ist, entstehen im Kopf des Lesers jedoch wunderliche Bilder, wie deutsche Polizei und Staatsanwaltschaft in [begriff nach Wahl einsetzen]…-manier in die Wohnung eines alten Mannes eindringen. Gruselig. Das wäre sicherlich anders gegangen.

       

      Ansonsten hat die Lebensgeschichte von Cornelius Gurlitt ein bisschen was von „Bulemanns Haus".

      • KK
        Karl K
        @lichtgestalt:

        en passant - er nu wieder;

         

        ja - das ist ja völlig ungeklärt, inwieweit hier auch nur ansatzweise nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfahren worden ist;

        dazu hilft es nicht - auf die möglicherweise, vielleicht - nichts genaues weiß man nicht - rechtlich! bedenkliche Herkunft von einem Teil der Bilder zu verweisen.

         

        Daß darunter unter moralischen Gesichtspunkten kontaminierte Bilder sich befinden, dürfte auf der Hand liegen, nur rechtfertigt das nicht das Geschehene.

        Daß situatives behördliches Handeln schnell in Behördenwillkür umschlägt - zeigt sich auch hier;

        es hat mich etwas an Die Netzflickerin von Maarten t' Haart erinnert.

        • @Karl K:

          Man kann sich seine Fans nicht aussuchen.