Kunstaktion in sächsischer Hauptstadt: Odysseus zerstört Dresden nicht
Ein Verein aus dem Pegida-Umfeld stellt ein Trojanisches Styropor-Pferdchen in die sächsische Hauptstadt. Damit protestiert er – gegen was eigentlich?
Schmutzig-grau steht seit Freitag für vier Tage ein fünf Meter hohes Styroporpferd vor dem Dresdner Kulturpalast. Gebaut haben es Helfer eines Vereins namens „Pro Mitsprache“, der Verbindungen ins Pegida-Milieu hat. „Mit dem Mythos vom Trojanischen Pferd haben wir eine bildhafte Parallele zu unserer besorgniserregenden Gegenwart gefunden“, heißt es in einer Erklärung der Initiatoren. In Troja „wurde dem Gegner die schützende Mauer geöffnet“, das Ende sei bekannt.
Worin die Parallele zur Gegenwart konkret besteht? Sind Flüchtlinge als Gegner im Pferd gemeint? Konkret wird der Verein in seiner Erklärung nicht. Auch während der Einweihungskundgebung, die am Freitagabend bei starkem Regen stattfand, sagte kein Redner Genaueres. Nur eines: Man solle sich so seine Gedanken machen.
Ähnlich unklar ist, wofür der Verein „Pro Mitsprache“ überhaupt steht. Auf Nachfrage gibt er keine Auskunft über Ziele und Satzung. Lediglich eine schmale Facebook-Seite existiert, die nicht einmal eine dreistellige Zahl von Likes erreicht. Der Verein wolle „sich dafür einzusetzen, dem Bürger ein Mitspracherecht einzuräumen“, heißt es dort nur. „Durch Demonstrationen, Kunstaktionen u. Ä.Ebenfalls unterstützen wir entsprechende Projekt“ (Fehler im Original).
Pegida-Leute und Ex-PDS-Politiker
Bekannt wurde in der Vorwoche immerhin, dass der stellvertretende Vorsitzende kurz vor der Kundgebung zurücktrat – aus Protest gegen das Trojanische Pferd. Die ganze Aktion sei ein Alleingang von Vereinssprecher René Jahn. Dieser gehörte 2014 zu den Gründern und zum engeren Organisationsteam von Pegida, überwarf sich dann aber mit Alleinherrscher Lutz Bachmann.
Zu den Unterstützern des Pferde-Menetekels zählen übliche Dresdner Angstpropheten wie Buchhändlerin Susanne Dagen, die vergangenes Jahr überregional bekannt wurde, als sie die „Charta 2017“ initiierte, um sich mit rechten Ausstellern auf der Frankfurter Buchmesse zu solidarisieren.
Dabei sind zudem in die Bedeutungslosigkeit versunkene ehemaligen PDS-Politiker wie Christine Ostrowski, Barbara Lässig und Ronald Weckesser; aber auch eine Amtsrichterin, ein Musiker der Staatskapelle und die DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe. „Staatliche Propaganda ersetzt Information“, behauptete sie auf der Kundgebung am Freitag – und meint es nicht etwa mit Blick auf die DDR.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker