Kulturstaatsministerin in der Defensive: Roth verteidigt Berlinale-Kurs
Der künstlerische Leiter der Berlinale, Carlo Chatrian, kündigt seinen Ausstieg an. Claudia Roth zeigt sich überrascht über den Rückzug.
Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht derzeit in der Kritik. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte letztens die Meldung von Ende August, dass der Aufsichtsrat der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin unter dem Vorsitz Roths entschieden hat, dass die Berlinale künftig nicht mehr von einer Doppelspitze geleitet werden soll. Stattdessen kündigte Roth für die Leitung nach 2024 eine Intendanz als Einpersonenlösung an.
Als zwei Tage später der künstlerische Leiter der Berlinale, Carlo Chatrian, in einer persönlichen Erklärung mitteilte, nach 2024 nicht mehr bei der Berlinale zu arbeiten, da in der neuen Struktur „die Bedingungen für mich, als künstlerischer Leiter weiterzumachen, nicht mehr gegeben“ seien, gab es Protest in Form eines offenen Briefs, unterschrieben von über 400 internationalen Filmemachern – darunter der US-amerikanische Regisseur Martin Scorsese, ein genauer Beobachter der aktuellen Entwicklungen des Kinos –, die Roths Entscheidung kritisierten.
Managerfähigkeiten seien gefragt
Roth verteidigte ihr Vorgehen diese Woche gegenüber der Presse. Der Aufsichtsrat habe sich für ein Intendanzmodell ausgesprochen, da das Tandemmodell nicht gut funktioniere. Chatrian sei darüber informiert worden und habe sich zunächst gesprächsbereit gezeigt. Seine Absage kurz darauf habe sie überrascht.
Roth nannte als zu erwartende Qualitäten für die zukünftige Intendanz unter anderem Managerfähigkeiten, auch solle sie mit starken Persönlichkeiten um sich herum arbeiten. Chatrian, der sich auf Anfrage der taz nicht weiter zum Thema äußerte, hatte seinen öffentlichen Äußerungen nach aber erwartet, dass er weiter als künstlerischer Leiter bei der Berlinale arbeiten werde. Die künstlerische Leitung kann allerdings in Zukunft allein bei der Intendanz liegen, die diese Aufgabe zusammen mit der Geschäftsführung wahrnehmen wird.
Negatives internationales Echo
Wie es zu diesen unterschiedlichen Einschätzungen gekommen ist, lässt sich bis auf Weiteres nicht klären. Die abweichenden Darstellungen lassen jedenfalls einige Fragen offen. Gab es Missverständnisse in der Kommunikation?
Wobei schwer vorstellbar ist, dass allein darin die Gründe zu finden sind, die zu den jüngeren Entwicklungen mit dem negativen internationalen Echo geführt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“