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Kürzungen beim BürgergeldDer Förderung keine Chance lassen

Um den Haushalt zu bereinigen, will die Regierung den Bürgergeldbonus streichen. Die Förderung hätte besonders Langzeitarbeitslosen helfen sollen.

Bundes­arbeitsminister Heil wollte mit dem Bürgergeld­bonus Anreize setzen, sich weiterzubilden und langfristig Arbeit zu finden Foto: Christian Spicker/imago

In den Filialen des Instituts für Berufliche Bildung (IBB), das deutschlandweit Fortbildungen anbietet, klingelte im vergangenen halben Jahr häufiger das Telefon als zuvor. Das berichtet eine Berliner Mitarbeiterin des privaten Bildungsanbieters, die anonym bleiben möchte. „Oft sagen die Leute: Ich habe im Internet gelesen, es gibt Bürgergeldbonus; das möchte ich haben“, berichtet sie.

Meist hätten die An­ru­fer*in­nen auch schon eine Idee, an welchen Kursen sie dafür teilnehmen wollen: Weiterbildung zur Kita-Assistenz, Schulungen zu Computergrundlagen oder auch Sprachkurse. Das Qualifizierungsangebot für Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen ist breit gefächert.

Am Angebot wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Die Zahl der An­ru­fe­r*in­nen könnte bald trotzdem wieder sinken: Die Ampelkoalition im Bund will einen Anreiz zur Teilnahme, den sie gerade erst eingeführt hat, schon wieder abschaffen.

Um ihre Haushaltslücke zu schließen, will sie beim Bürgergeld 250 Millionen Euro sparen. Im Zentrum der Debatte stehen derzeit die verschärften Sanktionen gegen Menschen, die Arbeitsangebote ablehnen. Gekürzt wird allerdings nicht nur bei denen, die sich gegen Arbeit wehren, sondern auch bei denen, die etwas tun.

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Einen entscheidenden Gedanken der Bürgergeldeinführung dreht die Koalition damit wieder zurück: nicht mehr die erstbesten Jobs zu vermitteln, sondern Weiterbildung zu fördern. Eingeführt hatte sie dafür vor sechs Monaten zum einen ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro pro Monat für Teilnehmende an Maßnahmen, die zu einem Berufsabschluss führen – und zum anderen den Bürgergeldbonus in halber Höhe für Teilnehmende kurzer Weiterbildungen und berufsvorbereitender Kurse. Dieser zweite Bonus fällt jetzt den Sparmaßnahmen zum Opfer.

Hätte der Bonus etwas gebracht?

„Man wollte Leute dazu bringen, mehr in ihre Bildung und Arbeitsmarktintegration zu investieren“, sagt Sozialwissenschaftler Maximilian Schiele. In der Vergangenheit waren Arbeitsaufnahmen oft von kurzer Dauer oder reichte das Gehalt nicht aus, um auf Sozialleistungen zu verzichten. Das zeigen Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dort arbeitet Schiele und forscht zu staatlichen Fördermaßnahmen für Langzeitarbeitslose.

Würden sich durch die Förderung wirklich mehr Personen weiterbilden? Und würde der Bonus neue Personenkreise erreichen, vor allem jüngere Menschen? Diesen Fragen wollte Schiele mit Beginn dieses Jahres nachgehen. „Ein Gedanke des Bonus war, dass gerade junge Menschen in ihre Weiterbildung investieren, statt möglichst schnell eine niedrig qualifizierte Arbeit anzunehmen. Dadurch könnten sie langfristig in den Arbeitsmarkt integriert werden und über ihre ganze Berufslaufbahn profitieren“, sagt er.

Einer früheren IAB-Befragung von Arbeitslosen zufolge steigt ab einer bestimmten Zuzahlung die Motivation zur Weiterbildung. Dazu, wie die beiden mit dem Bürgergeld neu eingeführten Maßnahmen genau wirken, fehlt noch die Forschung.

Der Bundesagentur für Arbeit zufolge haben bislang rund 63.000 Leistungsberechtigte den Bürgergeldbonus in Anspruch genommen. Ob dadurch auch mehr Menschen an Fortbildungen teilgenommen haben als zuvor, kann die Behörde aus ihren Daten allerdings noch nicht ablesen.

Die eingangs erwähnte Mitarbeiterin des Instituts für Berufliche Bildung glaubt allerdings, dass der Bonus tatsächlich wirkte. Das zeigten ihre Erfahrungen aus der Praxis. Klar gebe es in ihren Kursen solche und solche Teilnehmer*innen, sagt sie. „Einige wollen gar nicht lernen, andere kommen mit Herz.“ Aber: „Manche kommen am Anfang nur für das Geld, ziehen dann aber durch.“ So gut wie alle Teilnehmenden beendeten die Kurse. „Die merken, die haben die Unterstützung. Am Ende sind sie schon stolz, wenn sie ihr Zertifikat erhalten“, sagt die Mitarbeiterin. Für viele folgten darauf eine Umschulung und weitere Weiterbildungsmaßnahmen.

Zu retten ist die Förderung wohl trotzdem nicht mehr. Formell steht die finale Einigung des Bundeskabinetts zwar erst noch bevor. Unter Koalitionsabgeordneten herrscht auch keine Begeisterung. Anzeichen für einen Aufstand im Bundestag gibt es bislang aber nicht. Es falle ja nur eine von zwei neuen Förderungen weg, so der Tenor. Und damit bleibe doch der Grundgedanke des Bürgergelds erhalten.

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8 Kommentare

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  • Ich finde die vielen menschenfeindlichen Kommentare hier - auch noch aus einer angeblich "linken" Bubble heraus - gelinde gesagt zum K****.



    Arbeitslose sind alle faul, geldgeil und überhaupt. Hat die Gehirnwäsche der FDP/CxU so gut funktioniert? Aber selber die e-Auto-Prämie, die Vermögenswirksamen Leistungen, das Elternegld etc. abgreifen.



    Wenn ihr zwei Kaffeeautomaten habt, ist das "unangemessenes Vermögen", wird angerechnet. (Selbst erlebt. Niemals die Typen von der AA ohne richterliche Anordnung in die Wohnung lassen!)



    Aber eure Weiterbildung dürft ihr euch vom Mund absparen - wortwörtlich. Der Zuschuss, mit dessen Hilfe ihr eine Woche pro Monat weniger fasten müsstet, wird euch gestrichen. Solln se doch Kuchen essen.



    Ich könnte gar nicht soviel essen....

     

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    Die Moderation

  • Das ist schade, aber irgendwas musste wohl die SPD der FDP hinwerfen, das Narrativ, dass viele Arbeitslose eben faul und nicht motiviert sind, passt zu gut.



    Hier jetzt die Wahrheit, anstatt in eine qualifizierte Arbeitsaufnahme zu investieren, wird gespart.



    Und langfristig benötigt der Arbeitsmarkt erstaunlicherweise viele qualifizierte Kräfte, es wäre also dringend geboten gewesen, genau diesen Weg zu gehen.



    Stattdessen lamentiert man über Motivation und fehlende Lust der Arbeitslosen, zu arbeiten.



    Damit meint diese Regierung eben die Aufnahme im prekären Billiglohnsektor, der größte dieser Art in der gesamten EU. Hier soll zum Mindestlohn geschufftet werden, weit weg von Gewerkschaften und Tarifverträgen. Wer über den Ausspruch von Marx, der Staat sei der ideele Gesmatkapitalist gelacht hat, hier: der Staat will die Arbeitslosen zu Niedriglöhnen 'los' werden, die prekärsten Unternehmer werden mit billiger Arbeit versorgt.



    Aber auch qualifizierte Arbeitnehmer werden bei ALG I sofort von Zeitarbeitsfirmen und Vermittlern kontaktiert, dann muss der 'Arbeitslose' diese Termine wahrnehmen, auch wenn er es gar nciht nötig hat, und es oft gar nichts bringt.

    Der Druck, Arbeitskräfte im Marktwert zu senken, ist Teil einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik.

    Die wollte die Regierung auch nur minimal ändern. Das sollte mal gesagt werden, das Grundmuster, dass Arbeitslose als aussortiert, falsch und nicht passend betrachtet werden, ist Teil dieser Arbeitsmarktpolitik. Es wäre für die SPD wichtig gewesen, viel weiter zu gehen. Es wäre für viele Betriebe und Menschen, die auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind, wichtig, diesen Quatsch radikal wieder zu ändern.

  • Es sollte doch im ureigensten Interesse der Menschen sein sich weiterzubilden, um seine Situation zu verbessern. Eigenverantwortung ist ja scheinbar ein völlig überkommenes Menschbild, eher glaubt man an Esel, den man dann eine Karotte vor die Nase hält, damit sie sich bewegen. Und das die Bildungsträgerin, die scheinbar so erfolgreich ist, dass Teilnehmer von einer Fortbildung in die nächste gehen, an einem erhöhten, geförderten Zustrom ein hohes Interesse hat, erscheint wenig verwunderlich.

    • @unbedeutend:

      Alleine das Bashing in den Medien, der Politik und auf Social Media (der letzten 20 Jahre) macht Motivation und respektvollen Umgang kaputt. Natürlich hätte die minimale Aufwandsentschädigung etwas gebracht. Akzeptanz dafür dass eine Ernährung in Ausbildung oder Schulung teurer ist und auch mindestens ein Deutschlandticket gekauft werden muss. Aber ja, lasst uns über die paar TAUSEND EURO streiten. Und so das tun was die CDU immer wollte. Ausnahmsweise ein Fehler Herr Bundesminister Heil. Der Weg wäre mindestens auf Wirksamkeit hin zu überprüfen gewesen!

  • Das ist wohl etwas sehr besonders deutsches.



    Nicht nur, dass die Bildung kostenlos ist, es wurde auch noch ein Bonus darauf bezahlt.



    Welch höchstes Niveau wohl weltweit.

  • Bleibt es sich nicht völlig gleich, an welchen Stellen des Sozialsystems zuerst etwas gestrichen wird?

    Letztendlich sind es doch immer die Schwächsten und solche ohne Lobby, die jedweden kostenträchtigen Schwachsinn der Regierungen bezahlen müssen. Das war zu allen Zeiten so und wird sich auch zukünftig nicht ändern.

  • Wenn man an solchen Kursen für 75 Euro im Monat mehr teilnimmt und nicht, weil man in dem Berufsfeld mal arbeiten will (wodurch man sicher weit mehr als 75 Euro zusätzlich verdient) , dann spricht das eher für Mitnahme-Effekte als für eine sinnvolle Förderung. Zudem ist es ein seltsames Signal, dass man sich nur weiterbilden würde, wenn man dafür einen Bonus bekommt.....und nicht, weil man ses will.

    • @Dr. McSchreck:

      Bei einem Bürgergeld von 563€ pro Monat für Alleinstehende (bei Paaren oder Familien wird es pro Person sogar weniger, da vorausgesetzt wird, dass einiges aus dem Bedarfspaket gemeinsam genutzt wird) machen 75€ mehr als 10% aus. Diese 75€ entsprechen dem zugestandenen Budget für Lebensmittel für gut 11 Tage.



      Sie würden sicher gern auf 10% Ihres Monatseinkommens bzw 11 Tage für Bildung fasten, gelle?