Künstlerin Cosima von Bonin: Die alten Geister des Pop
Lang hatte man sie nicht mehr gesehen. Künstlerin Cosima von Bonin zeigt ihre niedlichen, eher abgründigen Figuren in der Frankfurter Schirn.
Am Eingang von Cosima von Bonins Werkschau „feelings“, hierzulande ihre erste seit zwölf Jahren, grüßt Daffy Ducks Silhouette. Die schwarze Ente wirkt wie ein Conférencier, der auf Krawall einstimmt – was vielleicht weniger ihrer Pose geschuldet ist als der bunten Axt, die neben ihr in der Wand steckt.
Daffy, im Zeichentrick-Universum bekannt fürs lustvolle Scheitern, taucht in den drei Ausstellungsräumen in der Frankfurter Schirn immer wieder auf. Und verabschiedet sich am Schluss mit identischer Pose. Doch diesmal trägt er ein edles Tuch, um die Lenden gewickelt wie ein Sarong, und sieht aus wie ein Guru. Welch frohe Botschaft verbreitet die „Church of Daffy“, so der Titel dieser Arbeit von 2023? Der Schriftzug „cute“ dahinter lässt weiterführenden Überlegungen gleich die Luft heraus.
Diese Daffys scheinen den Markenkern von Bonins Kunst zu umreißen: Ihre Skulpturen, Bilder und Installationen sind in ein Netz von Referenzen eingebettet und meiden dennoch die Verortung in einem konkreten Kontext.
Dabei greifen ältere und neue Arbeiten nahtlos ineinander; von Bonin ist der Strategie, ihre Arbeiten kontrastreich, aber frei von Sendungsbewusstsein zu halten, über die Jahre treu geblieben. Bunt, vergnügt, eher abgründig als niedlich. Etwa die bäuchlings drapierten Plüschschweine, die erschöpft wirken, obwohl ihre Kinderrucksäcke leicht bepackt sind; neben ihnen Handschellen.
„Wir sind viele“
Ein sympathisches Credo der 1964 im kenianischen Mombasa geborenen, in den neunziger Jahren in der umtriebigen Kölner Kunstszene zu Ruhm gekommenen Künstlerin war von jeher „Wir sind viele“.
„feelings“: Cosima von Bonin, Schirn Kunsthalle, Frankfurt a. M., bis 9. Juni
Immer wieder arbeitet sie mit Popmusikern zusammen: mit Dirk von Lowtzow von Tocotronic, dem House-Crooner Justus Köhncke oder dem Technoproduzenten Moritz von Oswald. Freimütig legte sie offen, wer sie inspiriert – und delegiert entsprechend gerne, frei nach dem Tocotronic-Songtitel: „Macht es nicht selbst“. So lässt von Bonin etwa ihre textilen Wandbilder, die sie nonchalant „Lappen“ nennt, von Haute-Couture-Schneider:innen anfertigen.
Auch die Verweigerung einer didaktischen Herangehensweise scheint eine sympathische Haltung zu sein – gerade vor dem Hintergrund, dass man immer penetranter mit Botschaften zugeballert wird und die Ambiguitätstoleranz allerorten dahinschmilzt. Doch beim Rundgang durch die Ausstellung wirken gerade die Arbeiten erfrischend, die sich gar nicht auf ausgelatschte Diskurspfade beziehen.
Der spezielle Humor der neunziger Jahre, so scheint es, ist doch eher schlecht gealtert. Schließlich hat die Realität derartige ästhetische Zuspitzung längst überholt, und um die vermaleidete Selbstoptimierung wurden perfidere Fallstricke gesponnen, als man es sich seinerzeit vorstellen wollte. Auch das von Daffy Duck zelebrierte Scheitern war eigentlich auch damals schon ein Privileg der Rich Kids. Nur blieb das Ökonomische selbst in poplinken Milieus seinerzeit seltsam ausgeblendet.
Die besten Momente von „feelings“ sind die skurril surrealen: etwa wenn der mit allerhand Nippes behängte, aufrecht stehende Fisch mit Ukulele sich mit der Frage konfrontiert sieht: „What if it barks?“ Wenig doppelbödig scheint dagegen die Stoßrichtung, wenn von Bonin in einem ihrer „Lappen“ von 2023 den inflationär benutzten Psychotalk-Begriff des „Gaslighting“ Bambi gegenüberstellt. Auch in Niedlichkeit kann Manipulation stecken? Nun ja. Geschenkt.
Bisweilen sorgt bei diesem Rundgang ein Perspektivwechsel für erfrischende Momente – je nachdem, von welcher Seite man sich nähert, ragen andere Arbeiten in das Sichtfeld und treten in Austausch. Assoziationsreich ist „feelings“ allemal. Das Kopfkino knipst sich trotzdem nur manchmal an. Dazu wirkt das Ganze oft zu hermetisch.
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