piwik no script img

Künstler zündelt an Banque de FrancePawlenskis politisches Feuerwerk

Die Banque de France, die neue „Bastille“: Pjotr Pawlenski hält die Nationalbank für einen Ort der Versklavung. Er setzt ein politisches Zeichen mit Folgen.

Pjotr Pawlenski tänzelt gerne auf den Barrikaden Foto: ap

Paris taz | An der Fassade der Banque de France neben dem Bastille-Platz in Paris loderten in der Nacht auf den Montag Flammen. Das Feuer war mutwillig gelegt worden. Die Bilder sahen spektakulär aus, auch wenn letztlich der angerichtet Schaden ziemlich begrenzt sein soll. Die Sachbeschädigung war nicht die vorrangige Absicht des Brandstifters, der vor dem Eingang dieser Zweigstelle der französischen Nationalbank auf die Ankunft der Polizei wartete, die ihn und eine zweite Person „in flagranti“ festnahm. Auf Twitter wurde als Erklärung ein Manifest des „Täters“ publiziert.

Mit seinem Brandanschlag will der russische Konzept- und Action-Künstler Pjotr Pawlenski ein Fanal zünden und Frankreich an seine revolutionäre Geschichte erinnern. Er hofft, von Frankreich aus das revolutionäre Feuer auf die ganze Welt übergreift, in der „die Bankiers den Platz der Monarchen“ eingenommen haben. Pawlenski hat den Ort nicht zufällig gewählt: „Die Bastille wurde vom aufständischen Volk als Symbol des Despotismus und der Macht gestürmt. Am selben Ort ist ein neuer Herd der Versklavung entstanden, die Bank. Sie verrät die Revolutionäre und unterstützt das verbrecherische Versailles. Die Banque de France hat den Platz der Bastille besetzt…“

Nicht alle mögen das als Konzeptkunstwerk betrachten. Die französische Nationalbank hat eine Strafklage gegen Pawlenski angekündigt. Der 33-Jährige ist freilich Schlimmeres gewohnt in seiner Russischen Heimat, aus der er geflohen ist. Nach einem kurzen Exil in der Ukraine hat er Anfang des Jahres mit seiner Partnerin Zuflucht in Paris gefunden – was ihn nun aber nicht daran gehindert hat, auch im Exilland tätig zu werden.

Pawlenski hatte sich selbst mehrfach mit aufsehenerregenden und zum Teil schockierenden Mittel in Szene gesetzt. So hatte er sich aus Protest gegen die Zensur und namentlich aus Solidarität mit den inhaftierten Musikerinnen der Band “Pussy Riot“ den Mund zugenäht oder später nackt in Stacheldraht gefesselt in Sankt Petersburg gegen Repression demonstriert.

2013 nagelte er seinen Hodensack auf den Roten Platz, um damit gegen die Korruption der Behörden zu protestieren. Als ihm diese danach mit einer Zwangseinweisung in eine psychiatrische Klinik drohten, schnitt er sich öffentlich ein Ohrläppchen ab. Das Feuerwerk an der Bastille ist nicht seine erste politische Brandstiftung, denn im November 2015 hatte er bereits am Eingang des russischen Geheimdienstes FSB Feuer gelegt. In jedem Fall blieb der Performance-Künstler, der für seine politischen Zwecke ohne Rücksicht auf eigene Verluste schockierende Mittel und Methoden einsetzt, nicht unbeachtet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • So unterschiedlich ist also die Wahrnehmung von Leuten, die Häuser anzünden und denen sexuelle Übergriffe zur Last gelegt werden.