Kündigung wegen sexistischer Aussagen: Aufstand bei Apple
Antonio García Martínez sollte Apples Werbeplattform voranbringen. Doch nach dem Protest von Mitarbeiter:innen musste er wieder gehen.
Anfang Mai kündigte Apple an, dass sie ihre Werbeplattform erweitern und überarbeiten möchte, dafür rüstete das Unternehmen personell und finanziell auf. Prominente Unterstützung holten sie sich mit dem Werbeexperten und ehemaligen Facebook-Mitarbeiter Antonio García Martínez. Doch nur wenige Wochen nach seiner Einstellung wurde der 45-Jährige schon wieder gefeuert.
Mit den großen Werberiesen wie Google und Facebook kann Apple nicht mithalten. Die Werbeeinnahmen beeinflussen bisher kaum die Höhe des Umsatzes des Konzerns. Das soll sich jetzt ändern, die hauseigene Werbeplattform soll erweitert werden. Es sollen mehr Gelder fließen und neue Werbemöglichkeiten erschlossen werden. Bisher sind rund 50 Stellen für den Werbebereich ausgeschrieben.
Unter der Führung von Martínez sollte nun die angekündigte Umstrukturierung erfolgen. Dieser war schon seit April in der Werbeabteilung von Apple angestellt. Die Mitarbeiter:innen von Apple wollten allerdings keinesfalls mit Martínez zusammenarbeiten.
In einem offenen Brief hatten mehr als 2.000 Mitarbeiter:innen von Apple gegen die Personalentscheidung protestiert. Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung wurde Martínez entlassen. Der Grund: Unter dem Namen „Chaos Monkeys“ veröffentlichte Martínez 2016 eine Autobiografie, die zum Bestseller wurde. Das Buch erzählt Geschichten vom Silicon Valley – Anekdoten und und Insiderwissen aus der Techbranche.
Massiver Widerspruch der Belegschaft
Und Martínez erzählt, was er von den Frauen im Silicon Valley hält: Sie sind alle schwach in seinen Augen. Obendrauf auch noch naiv und verwöhnt, sie redeten nichts als Schwachsinn, schreibt Martinez. Sie seien „generell voller Scheiße“. Mit ihnen, so meint er, schleife man sinnloses Gepäck herum, welches man sonst lieber für eine Kiste Patronen oder einen Kanister Diesel eintausche. Mit Frauen gäbe es nichts zu besprechen. Einen Vorteil gäbe es, wenn Frauen im Silicon Valley arbeiten, wenn ihr Gesicht ansprechend sei, ihre Haare dazu passen würden, ihre Figur und ihre Rocklänge ansprechend seien – dann gäbe es wenigstens etwas zum Anschauen. Seine sexistische Haltung wird an verschiedenen Stellen mehr als deutlich.
Während in den vergangenen Jahren die Angestellten anderer Unternehmen im Silicon Valley sich oftmals aktivistisch gezeigt hatten – allen voran jene bei Google –, ist es das erste Mal, dass es bei Apple zu einem solch massiven Widerspruch der Belegschaft kommt.
Die schnelle Reaktion von Apple ist trotzdem überraschend. Das Buch „Chaos Monkey“ ist nicht neu und in der Branche durchaus bekannt. Nach seinem Rauswurf betont auch Martínez via Twitter, dass alle Beteiligten von seinem Buch und den darin enthaltenen Äußerungen gewusst haben sollen. Er sei von Apple gezielt angeworben worden, im weiteren Prozess seien nicht nur seine Referenzen und sein beruflicher Werdegang, sondern auch sein Buch besprochen worden.
Das Geschäft mit den Daten
Apple betonte in einer Stellungnahme gegenüber The Verge, dass man immer versucht habe, eine inklusive Firma zu sein, und dass dies auch bedeute, dass die Herabsetzung und Diskriminierung anderer keinen Platz habe. Die Entscheidung für eine Zusammenarbeit mit Martínez wirft allerdings noch weitere Fragen auf.
Von 2011 bis 2013 war Martínez bei Facebook für das Werbegeschäft zuständig und maßgeblich an der Entwicklung der personen- und datenbezogenen Werbung beteiligt. Apple widerum wird nicht müde, das Geschäft mit privaten Daten öffentlich zu kritisieren. Während Apple zuletzt für Anti-Tracking-Maßnahmen bei iOS öffentlichen Applaus erhalten hat, ist man gerade dabei, das eigene Geschäft mit personalisierter Werbung auszubauen.Was Apple-Nutzer:innen in Zukunft also erwartet, bleibt offen. Martínez allerdings hat dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit zum ersten Mal mitbekommen hat, was sich hinter den Kulissen abspielt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video