Kritik an neuer U-Bahnlinie in Hamburg: Unterirdisch klimaschädlich
Im nächsten Jahr könnte in Hamburg der Bau der neuen U-Bahnlinie 5 beginnen. Doch es gibt Widerstand: Kritiker beklagen veraltete Planung.
Sowohl das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts vom April als auch eine Verschärfung des Hamburger Klimaschutzplans, die gegenwärtig diskutiert wird, mache eine Abkehr von den Plänen nötig, sagen die Kritiker:innen. Der Senat wiederum hält an den Plänen mit dem Ziel fest, einen besseren ÖPNV zu realisieren.
Die geplante U5 soll im Osten der Stadt von Bramfeld über Steilshoop und Barmbek-Nord in die City Nord führen. Von dort geht es über Winterhude bis zur Innenstadt.
In westlicher Richtung soll die U5 weiter über die Universität, das UKE und den Siemersplatz bis zur Endhaltestelle in Stellingen führen. Seit Ende letzten Jahres befindet sich ein erster Abschnitt im Planfeststellungsverfahren. Frühestens im kommenden Jahr wäre der Baubeginn. Wann das gesamte Projekt abgeschlossen sein soll, dazu gibt es bislang noch keine konkreten Aussagen.
Unstrittig ist hingegen, dass ein Ausbau des ÖPNV für die schlecht angebundenen Stadtteile im Nordosten und Nordwesten der Stadt nötig ist. Die Naturfreunde und weitere Akteure, die sich in der Initiative „Elbtram jetzt!“ zusammengeschlossen haben, wollen den Senat zum Überdenken der Pläne bewegen. „Die Rechts- und Faktenlage hat sich einfach geändert“, sagt Holtz. Angesichts der sich weiter verschärfenden Umweltprobleme würde die U-Bahn keinen Beitrag zum Schutz leisten, sondern zur Verschärfung der Problematik beitragen.
Knapp 30 Prozent trägt der Verkehr zu den Hamburger CO2-Emissionen bei. Der Senat hat sich das Ziel gesetzt, zwischen 2017 und 2030 rund 1,4 Mio. Tonnen CO2�Emissionen einzusparen.
Der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr soll bis dahin von 22 auf 30 Prozent steigen.
Am heutigen Dienstag berät der Senat über eine Verschärfung der Ziele. Ob es dann auch zu höheren Einsparzielen für den Verkehr kommt, ist unklar: In den vergangenen Tagen waren überwiegend Verschärfungen im Energie- und Wärmesektor diskutiert.
Rückendeckung sieht die Ini in einem aktuellen Gutachten, dessen Autor:innen einem in Berlin geplanten Tunnel-Ausbau ein vernichtendes Zeugnis ausstellen. Die Amortisationsdauer des beim Bau emittierten CO2 beziffern sie auf mindestens 90 Jahre. „Die Klimaschädlichkeit von Zement und Stahl im Beton wurde bei der U5 noch nicht eingerechnet“, sagt Holtz. Nach bisherigen Planungen soll die U5 nahezu ausschließlich unterirdisch verlaufen.
In Kürze will auch die Hamburger Ini ein Gutachten zur konkreten Klimabilanz der U5 veröffentlichen. Zu erwarten ist, dass diese ähnlich verheerend wie in Berlin ausfällt.
Statt der U-Bahn sollen nach dem Willen der Ini hingegen wieder die Pläne für eine Tram entlang der Route aufgenommen werden. Das sei auch deutlich günstiger und schneller zu realisieren. „Wenn der Senat es ernst mit der Verkehrswende meint, muss der vorhandene Platz, den der Autoverkehr bislang einnimmt, zugunsten des ÖPNV umgestaltet werden“, fordert Holtz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren