Kritik an neuem Batterie-Gesetz: Über 50 Prozent falsch entsorgt

ExpertInnen sehen im neuen Batteriegesetz der Bundesregierung ein „Armutszeugnis“: Der wachsende Markt mit Lithium-Ionen-Batterien bleibe ungeregelt.

r E-Scooter des Anbieters Lime in einem Mülleimer

E-Scooter im Mülleimer im Berliner Tiergarten Foto: Imago

BERLIN taz | Die Bundesregierung erneuert die Regeln, nach denen alte Batterien – etwa aus Smart­phones, Laptops oder Akkuschraubern – gesammelt und entsorgt werden müssen. Weil sie dabei große Teile des stark wachsenden Marktes nicht beachtet, erntet sie Kritik aus vielen Richtungen.

Am Mittwoch will Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ihren Entwurf für ein neues Batteriegesetz ins Bundeskabinett einbringen. Es soll vor allem den Markt neu regeln, nachdem das alte System im Januar kollabiert war: Das gemeinsame Rücknahmesystem stand vor der Insolvenz. Der bekannte Entwurf legt unter anderem Sammelquoten von 45 Prozent der verkauften Gerätebatterien fest und sieht vor, dass sich die Entsorgungskosten nach der Umweltverträglichkeit der Batterien richten sollen.

ExpertInnen fordern seit Langem ein neues Batteriegesetz, weil die Gesetzgebung den stark ansteigenden Markt für Lithium-Ionen-Batterien bislang nicht abdeckt. Dabei stecken die leistungsfähigen Energiespeicher in immer mehr Geräten. Laut dem Elektro-Verband ZVEI ist der Markt für Lithium-Batterien zwischen 2013 und 2018 um 69 Prozent gewachsen. Zudem gelangen mit jährlich über einer Million neuen E-Bikes und Zehntausenden Elektroscootern große Lithium-Batterien auf den Markt, die als „Industrie-Batterien“ bezeichnet werden. Bislang ohne Regulierung, weshalb laut Bundesumweltministerium (BMU) „keine Dokumentation der Inverkehrbringungsmengen von Industriebatterien“ erfolgt.

EU plant neue Vorgaben

Das BMU verweist darauf, dass die EU-Kommission im Herbst dieses Jahres einen Vorschlag für neue Batterie-Regeln vorlegen wird. Die Einbeziehung von Lithium-Ionen-Batterien in diesen neuen Rechtsrahmen – insbesondere auch im Zusammenhang mit der Elektromobilität – komme eine hohe Relevanz zu, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Die deutsche Gesetzgebung müsse dann erneut geändert werden.

Mehr als die Hälfte aller Batterien wird nicht ordnungsgemäß entsorgt

Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) leuchtet das nicht ein. „Warum sollen wir auf die EU warten?“, fragt er. Das neue Gesetz hält er für „ein Armutszeugnis“. Schon jetzt liege die Sammelquote für Batterien bei 47 Prozent – und damit höher als die neue Vorgabe. Das heiße aber auch, dass „mehr als die Hälfte aller Batterien nicht ordnungsgemäß entsorgt wird“, sagt Fischer, „bei den teils wertvollen, teils giftigen Inhaltsstoffen der Batterien ist das ein Skandal“. Bei Lithium-Batterien kommt hinzu, dass ihre Entsorgung gefährlich werden kann: Werden sie beschädigt, können sie brennen.

„Hier gibt es akuten Handlungsbedarf“, sagt Oliver Friedrichs, Geschäftsführer des Hamburger Entsorgungsdienstleisters Take-e-Way. Friedrichs sieht zwei Probleme: Wollen Verbraucher kleinere Gerätebatterien entsorgen, müssen sie auch künftig selbst entscheiden, ob es sich um Lithium-Batterien handelt und etwa deren Poole abkleben, bevor sie sie in die Batteriebox im Supermarkt werfen. „Und wollen sie den Akku ihres E-Bikes abgeben, scheitern sie womöglich am kommunalen Wertstoffhof“, kritisiert Friedrichs.

Elke Salzmann, beim Verbraucherzentrale Bundesverband Referentin für Ressourcenschutz, mahnt eine effiziente Lenkungswirkung des Gesetzes für umweltfreundliche Batterien an. Lassen sich Akkus gut recyceln, müsse ihre Entsorgung – wie vorgesehen – billiger werden. Allerdings habe das BMU auch Verpackungen durch entsprechend niedrigere Entsorgungskosten recyclingfreundlicher machen wollen. „Das ist so aber nicht eingetreten“.

Wird das Gesetz vom Kabinett gebilligt, muss es noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Es sei zu hoffen, sagt DUH-Experte Fischer, dass es in der jetzigen Form auf diesem Weg scheitere.

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