Kritik an künftigem Staatssekretär: Scharfmacher im Bildungsministerium
Roland Philippi soll neuer Staatssekretär im Haus von Ministerin Stark-Watzinger werden. Noch nicht mal im Amt, steht der jedoch schon unter Druck.
![Portrait von Roland Philippi Portrait von Roland Philippi](https://taz.de/picture/7115994/14/Staatssekretaer-Bildungsministerium-Philippi-1.jpeg)
Der FDP-Politiker aus Hessen ist ein unauffälliger Parteisoldat. Er arbeitete nach seinem Studium der Politikwissenschaft in Frankfurt am Main zunächst im hessischen Kulturministerium, unter anderem für die ehemalige Kulturministerin und Ex-FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Anschließend wirkte er in Berlin für die FDP-Fraktion im Bundestag, bevor ihn Stark-Watzinger 2021 als Leiter der Grundsatzabteilung in ihr Ministerium holte.
Am Mittwoch berichtete der Spiegel über interne Chatprotokolle aus ihrem Haus, die Philippi in der Fördermittelaffäre als Scharfmacher zeigen. Kritische Hochschullehrer, die in einem offenen Brief das Recht auf Protest an ihren Hochschulen verteidigt hatten, soll er als „verwirrte Gestalten“ bezeichnet haben. Sollten sie künftig aus Sorge um Fördermittel Selbstzensur üben, so hätte er persönlich erst einmal nichts dagegen, schrieb er in den internen Chat. Pikanterweise ist Philippi im BMBF auch für die Förderpolitik zuständig.
Stark-Watzinger habe in diesem Chat nicht widersprochen, schreibt der Spiegel. Dass sie an diesem Austausch beteiligt war, deutet darauf hin, dass sie über die Diskussionen in ihrem Haus im Bilde war. Ihre Staatssekretärin Döring hatte sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil diese angeblich eigenmächtig und missverständlich gehandelt habe und die Ministern davon nichts wusste. Ihre Sprecherin wollte die „persönliche Kommunikation“ der Ministerin auf Nachfrage nicht kommentieren. Doch der Druck auf Stark-Watzinger wächst.
„Ein Desaster“ für die Wissenschaftsfreiheit
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellte die Berufung von Philippi infrage. Stark-Watzinger müsse die Vorwürfe restlos aufklären, forderte der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Maike Finnern, am Mittwoch dem Tagesspiegel.
Die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Nicole Gohlke, sagte, die geplante Berufung Philippis wäre „ein Desaster“ für die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Die oppositionelle Union fordert, die Bildungsministerin solle ihrer ehemaligen Staatsministerin Sabine Döring erlauben, sich zu der Affäre zu äußern. Das hatte ihr Stark-Watzinger untersagt.
Döring will mit einem Eilantrag vor dem Berliner Verwaltungsgericht erreichen, dass sie zu dem Fall sprechen darf. Der Eilantrag ging vor einer Woche am Berliner Verwaltungsgericht ein, mit einer raschen Entscheidung ist aber nicht zu rechnen. CDU und CSU wollen, dass sich Döring im Bundestags-Bildungsausschuss äußern darf. Ein entsprechendes Schreiben richtete der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek an Bildungsstaatssekretär Mario Brandenburg (FDP) mit Bitte um Stellungnahme bis zum 17. Juli.
Ministerin Stark-Watzinger selbst hat sich bei den Wissenschaftlern, über die in ihrem Ministerium eine Namensliste angelegt wurde, weil sie den offenen Brief unterschrieben hatten, bisher nicht entschuldigt. Sie hat sie auch noch nicht zu einem klärenden Gespräch getroffen. Dazu könnte ja vielleicht Roland Philippi einladen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben