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Kritik an Podien mit AfD-RechtsaußenDer Besuch des extremen Kandidaten

Zweimal in dieser Woche hätte der AfD-Hardliner Adreas Iloff zur Bundestagswahl diskutieren sollen. Nun bleiben zumindest Schü­le­r*in­nen verschont.

Trötet für das Deutsche Reich: Der Diepholzer AfD-Bundestagskandidat Andreas Iloff Foto: Recherche Nord

Hamburg taz | „Jeder ist verantwortlich für das, was er tut, und mitverantwortlich für das, was er geschehen lässt“: Ein Zitat des einstigen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker hat sich die Graf-Friedrich-Schule im niedersächsischen Diepholz zum „Leitbild“ gewählt. Auf seiner Grundlage gestalte man „gemeinsam“ das Schulleben, erklären „die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte und die Eltern“ auf der Homepage der GFS.

War es in diesem Sinne verantwortungsvoll, dass die Schule einen AfD-Vertreter eingeladen hat zu einer Diskussionsrunde zur bevorstehenden Bundestagswahl? Noch dazu einen, der selbst innerhalb der mindestens in Teilen rechtsextremen Partei als Extremist gelten darf?

Nicht wenn es nach den örtlichen Initiativen „Diepholz bleibt bunt“ und „Wir sind mehr – Bündnis im Landkreis Diepholz“ geht: Beide kritisierten jetzt die Einladung des AfD-Politikers Andreas Iloff an die GFS wie auch zu einer ähnlich angelegten Diskussion der örtlichen Gliederung des Bäue­r*in­nen­ver­bands „Landvolk“ am gestrigen Montag. Diese Runde fand statt, die Diskussion an dem Diep­holzer Gymnasium wurde dagegen abgesagt.

Iloff ist Parteivorsitzender im Kreis Diepholz und hat ein paar Jahre lang für einen AfD-Bundestagsabgeordneten gearbeitet. Jüngst machte ihn der AfD-Kreisverband zu seinem Direktkandidaten für den nächsten Bundestag – und damit einen, der dem „Reichsbürger“-Milieu nahe steht. So firmierte Iloff in der Vergangenheit als „Gemeinschaftssprecher“ des „Deutschen Bundes“, der das Deutsche Reich wiedererstehen lassen wollte. Der Schmied ist die Art von Kandidat, vor deren Nominierung die AfD-Bundesspitze in jüngerer Zeit warnt, weil sie zu kontrovers seien.

Grüne, SPD und Linke sagten Teilnahme ab

„Diepholz bleibt bunt“ hatte zu einer Demonstration aufgerufen, Donnerstag früh vor der Schule: „Ein klares Zeichen setzen“ wollte man „gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antidemokraten“. Gezielt an die anderen Eingeladenen richtete sich das Bündnis „Wir sind mehr“: Die Ver­tre­te­r*in­nen von CDU, SPD, Grünen, FDP, der Linken und der „Freien Wähler“ dürften nicht „mit überzeugten Faschisten“ diskutieren, hieß es in einer Mitteilung vom Freitag.

Das sahen die mehrheitlich dann offenbar auch so: Die Dis­ku­tan­t*in­nen von Grünen, Linken und der SPD zogen ihre Zusage zurück, die Absage der Veranstaltung begrüßte dann aber auch der CDU-Vertreter. Illoff sprach gegenüber der örtlichen Kreiszeitung von einem „Demokratiedefizit“.

Nun will die Schule eine neue Runde konzipieren, ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Kan­di­da­t*in­nen

Die Initiative, einen Auftritt des AfD-Hardliners vor den Schü­le­r*in­nen zu verhindern, sei „gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum von verschiedenen Akteuren ergriffen“ worden, so „Wir sind mehr“ am Montag zur der taz. Demnach hatten zahlreiche Bür­ge­r*in­nen das Gespräch mit den Kan­di­da­t*in­nen und ihren Teams gesucht, auch aus der Leternschaft der GFS sei Kritik geübt worden.

Man wisse dabei „um den Zwiespalt, in dem sich öffentliche Einrichtungen befinden“ was eine Nicht-Berücksichtigung der AfD angeht, erklärt das Bündnis weiter. Was schulische Veranstaltungen angeht, halte es aber das niedersächsische Kultusministerium für rechtlich unbedenklich, „Politiker*innen, die nachweislich verfassungsfeindliche Positionen vertreten, nicht einzuladen“.

Gedacht war die GFS-Veranstaltung für Schü­le­r*in­nen der Stufen 11 bis 13, die auf die möglicherweise extremistischen Positionen „vorbereitet“ worden wären, sagte Schulleiter Lars Bude der Kreiszeitung. Nun will die GFS eine neue Runde konzipieren, ohne Anspruch auf Vollständigkeit; der Termin ist noch offen.

Auch beim Landvolk trafen am Montag alle Direktkandidaten des Wahlkreises 33 aufeinander – aber halt nicht vor potenziellen Erstwähler*innen. Zudem war diese Runde thematisch von vornherein auf die Agrarpolitik beschränkt.

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1 Kommentar

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  • Was Jugendliche von Dingen halten, die die Erwachsenen ihnen verbieten wollen, dürfte kein Geheimnis sein. Und dann aber wundern, dass in einigen Umfragen die AfD bei jungen Wählenden auf dem ersten Platz steht...



    Und was bleibt noch:



    -Was "demokratisch" ist entscheiden nicht Gerichte, sondern "örtliche Initiativen". Und dann aber wundern, wenn rechte "örtliche Initiativen" demnächst ähnlich verfahren...



    -Die Ansichten der AfD scheinen so plausibel zu sein, dass ein Entkräften (selbst mit Vorbereitung und "alle gegen einen") nicht möglich zu sein scheint - also lieber ausladen. Aber dann wundern...



    Diese bekannte Strategie hat die AfD bislang nur stärker gemacht. Aber anscheinend ist der schnelle Applaus für das Ausladen mehr wert, als die AfD einzuladen und zu stellen. Dafür müsste man Kritik aus der eigenen Blase aushalten und anstrengend ist es auch noch...



    So ist es viel einfacher, und man kann sich trotzdem auf die Schulter klopfen.