Kritik an Partnervermittlung: Schluss machen mit Parship
Beim Datingdienst Parship zu kündigen, ist gar nicht so einfach. Verbraucherschützer wollen nun klagen – und Parship zeigt sich plötzlich kulant.
Der Dienst, der zum Medienhaus ProSieben/Sat1 zählt, macht es ihnen sonst schwer zu gehen, weil er fristlose Kündigungen ablehnt. Plötzlich zeigt er sich allerdings entgegenkommend. „Nur“, sagt Müller, „niemand weiß, wie lange.“ Er ist nicht gut auf Parship zu sprechen, der vzbv will den Partnervermittler vor Gericht bringen.
„Lena, 35, hat ihnen eine Nachricht geschrieben“, „Hey, mir gefällt Dein Profil“ – das Postfach füllt sich schnell, wenn man neu ist bei der digitalen Beziehungsanbahnung. Nach eigenen Angaben von Parship melden sich weltweit jede Woche 37.000 Menschen an. Wer ernsthaft eine Chance haben will, zahlt zumeist für den Dienst mit Persönlichkeitstest und Partnervorschlägen. Die kostenlose Basis-Mitgliedschaft unterliegt zahlreichen Beschränkungen. Müller meint: „Das ist ein teures, recht fesselndes Geschäft mit der Liebe“.
Schon für die kürzeste Premium-Mitgliedschaft von sechs Monaten sind regulär fast 480 Euro zu zahlen, für zwölf Monate sind es rund 790. Auch eine zweijährige Premium-Mitgliedschaft gibt es – für knapp 1.100 Euro. In kneipen- und clubfreien Corona-Zeiten hätten sich laut Müller noch mehr Menschen als sonst darauf eingelassen. Nun häuften sich die Beschwerden; allein im letzten Monat hätten sich zahlreiche Personen an die Verbraucherzentralen gewandt. Die monatelange Krise zwinge viele, ihre Ausgaben im Blick zu halten. Sie kämen aus der Geschichte mit Parship aber nicht einfach wieder raus.
Besonderes Vertrauensverhältnis
Müller kritisiert nicht nur, dass die kostenpflichtige Parship-Mitgliedschaft automatisch verlängert wird, wenn die Kunden nicht rechtzeitig kündigen. Er fordert: „Parship muss es Kundinnen und Kunden grundsätzlich jederzeit ermöglichen zu kündigen. Das ist sonst nicht rechtens.“
Er beruft sich auf Paragraf 627 „Fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung“ Bürgerliches Gesetzbuch – und sagt: „Die Nutzerinnen und Nutzer geben gegenüber der Online-Partnervermittlung ihr Innerstes preis. Damit gehen sie ein besonderes Vertrauensverhältnis ein und müssen somit selber entscheiden dürfen, ob sie bei dem Anbieter bleiben wollen oder nicht.“
Das sieht Parship anders. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage: „Wir bewegen uns mit unseren Verträgen innerhalb des geltenden Rechts.“ Der vzbv will sich aber nicht davon abhalten lassen, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen einer Musterfeststellungsklage prüfen zu lassen. Um die Klage verhandeln zu können, braucht er mindestens 50 Fälle für die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens. Darum sucht er Kunden, die in einem Vertrag feststecken und bereit sind, dies auch zu schildern. Müller versichert: „Kosten oder sonstige Verpflichtungen entstehen nicht.“ Sollte die Klage erfolgreich sein, würde es für alle Betroffenen leichter, ihre Rechte gegenüber Parship durchzusetzen. Im besten Fall gäbe es auch Entschädigungszahlungen.
Dass Parship nun von sich aus mehrfach eine fristlose Kündigung akzeptiert habe? „Vielleicht wollen sie mit ihrem Einlenken eine Klage verhindern“, meint Müller. Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt unter https://www.musterfeststellungsklagen.de/partnervermittlung einen Mustertext für die Kündigung bereit. Dort gibt es auch für alle, die mit der Kündigung Ärger haben, die Möglichkeit sich über ein Online-Formular zu melden sowie entsprechende Unterlagen zu schicken. An die freundlichere Kundenbeziehung auf ewig glaubt Müller nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund