piwik no script img

Kritik an PartnervermittlungSchluss machen mit Parship

Beim Datingdienst Parship zu kündigen, ist gar nicht so einfach. Verbraucherschützer wollen nun klagen – und Parship zeigt sich plötzlich kulant.

Frau und Mann, eh manchmal schwierig. Und dann auch noch mit mauem Kündigungsrecht Foto: dpa

Berlin taz | Die Beziehung beenden? Ja. „Je schneller, desto besser!“, sagt Klaus Müller. Als Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ist er der oberste Verbraucherschützer Deutschlands – und meint Kundinnen und Kunden, die die Single-Börse Parship vorzeitig verlassen wollen.

Der Dienst, der zum Medienhaus ProSieben/Sat1 zählt, macht es ihnen sonst schwer zu gehen, weil er fristlose Kündigungen ablehnt. Plötzlich zeigt er sich allerdings entgegenkommend. „Nur“, sagt Müller, „niemand weiß, wie lange.“ Er ist nicht gut auf Parship zu sprechen, der vzbv will den Partnervermittler vor Gericht bringen.

„Lena, 35, hat ihnen eine Nachricht geschrieben“, „Hey, mir gefällt Dein Profil“ – das Postfach füllt sich schnell, wenn man neu ist bei der digitalen Beziehungsanbahnung. Nach eigenen Angaben von Parship melden sich weltweit jede Woche 37.000 Menschen an. Wer ernsthaft eine Chance haben will, zahlt zumeist für den Dienst mit Persönlichkeitstest und Partnervorschlägen. Die kostenlose Basis-Mitgliedschaft unterliegt zahlreichen Beschränkungen. Müller meint: „Das ist ein teures, recht fesselndes Geschäft mit der Liebe“.

Schon für die kürzeste Premium-Mitgliedschaft von sechs Monaten sind regulär fast 480 Euro zu zahlen, für zwölf Monate sind es rund 790. Auch eine zweijährige Premium-Mitgliedschaft gibt es – für knapp 1.100 Euro. In kneipen- und clubfreien Corona-Zeiten hätten sich laut Müller noch mehr Menschen als sonst darauf eingelassen. Nun häuften sich die Beschwerden; allein im letzten Monat hätten sich zahlreiche Personen an die Verbraucherzentralen gewandt. Die monatelange Krise zwinge viele, ihre Ausgaben im Blick zu halten. Sie kämen aus der Geschichte mit Parship aber nicht einfach wieder raus.

Besonderes Vertrauensverhältnis

Müller kritisiert nicht nur, dass die kostenpflichtige Parship-Mitgliedschaft automatisch verlängert wird, wenn die Kunden nicht rechtzeitig kündigen. Er fordert: „Parship muss es Kundinnen und Kunden grundsätzlich jederzeit ermöglichen zu kündigen. Das ist sonst nicht rechtens.“

Er beruft sich auf Paragraf 627 „Fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung“ Bürgerliches Gesetzbuch – und sagt: „Die Nutzerinnen und Nutzer geben gegenüber der Online-Partnervermittlung ihr Innerstes preis. Damit gehen sie ein besonderes Vertrauensverhältnis ein und müssen somit selber entscheiden dürfen, ob sie bei dem Anbieter bleiben wollen oder nicht.“

Das sieht Parship anders. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage: „Wir bewegen uns mit unseren Verträgen innerhalb des geltenden Rechts.“ Der vzbv will sich aber nicht davon abhalten lassen, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen einer Musterfeststellungsklage prüfen zu lassen. Um die Klage verhandeln zu können, braucht er mindestens 50 Fälle für die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens. Darum sucht er Kunden, die in einem Vertrag feststecken und bereit sind, dies auch zu schildern. Müller versichert: „Kosten oder sonstige Verpflichtungen entstehen nicht.“ Sollte die Klage erfolgreich sein, würde es für alle Betroffenen leichter, ihre Rechte gegenüber Parship durchzusetzen. Im besten Fall gäbe es auch Entschädigungszahlungen.

Dass Parship nun von sich aus mehrfach eine fristlose Kündigung akzeptiert habe? „Vielleicht wollen sie mit ihrem Einlenken eine Klage verhindern“, meint Müller. Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt unter https://www.musterfeststellungsklagen.de/partnervermittlung einen Mustertext für die Kündigung bereit. Dort gibt es auch für alle, die mit der Kündigung Ärger haben, die Möglichkeit sich über ein Online-Formular zu melden sowie entsprechende Unterlagen zu schicken. An die freundlichere Kundenbeziehung auf ewig glaubt Müller nicht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Wer mal versucht hat bei 1&1 zu kündigen kennt deren Gerichts- und Urteilsresistenz auch sicher zu Genüge ...



    Die Strafen sind -politisch gewollt- nicht der Rede wert.



    Und wenn Gerichte dann mal eine strafbewehrte Unterlassungsanordnung erlassen gilt die idR nur für den Einzelfall.

  • kündigen ... ?

    kommt für mich nicht in frage.

    wie es die werbung verspricht, verliebe ich mich alle 11 seckunden neu.

  • Eieiei. Die nehmen's ja von den Lebenden.

    Irgendwie müssen sie ja auch diese lästige Werbung überall finanzieren. Eine Werbung übrigens, bei der ich mir viel robusteres Ad-Busting wünschen würde.

    Sollte legal sein.

    • @tomás zerolo:

      Übrigens, ich parshipe jetzt.