Kritik an LNG-Verträgen: Aus Katar nach Brunsbüttel
Die neuen LNG-Lieferverträge mit Katar sind klimapolitisch fahrlässig und verstärken die fossile Abhängigket, kritisieren Umweltverbände.
Um den Ausfall russischer Gaslieferungen zu kompensieren, setzt die Bundesregierung auf Flüssiggas, das sogenannte LNG. Das Gas wird für den Transport verflüssigt und dann wieder in den Ursprungszustand versetzt. Dabei gehen bis zu 25 Prozent der Energie verloren. Um den raschen Aufbau der erforderlichen Infrastruktur zu gewährleisten, hat die Bundesregierung eigens das LNG-Beschleunigungsgesetz durch den Bundestag gebracht. Insgesamt sollen fünf LNG-Terminals entstehen, unter anderem in Wilhelmshaven und Brunsbüttel.
Am Dienstag gab der katarische Energieminister Saad Scherida al-Kaabi bekannt, dass der staatliche Energiekonzern Qatar Energy mit dem US-Unternehmen ConocoPhillips einen Vertrag über die Lieferung von Flüssiggas nach Deutschland abgeschlossen hat. Ab 2026 sollen jährlich bis zu 2 Millionen Tonnen LNG nach Brunsbüttel geliefert werden. „Allein dieser Vertrag ersetzt ca. 6 Prozent der russischen Gaslieferungen im Jahr 2021“, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mit.
Der Liefervertrag sei klimapolitisch fahrlässig, sagte Oliver Powalla vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) der taz. Das LNG-Beschleunigungsgesetz sei mit dem Hinweis gerechtfertigt worden, dass „durch kombinierte Lieferverträge von Wasserstoff und Flüssiggas“ der Klimaschutz berücksichtigt würde.
Abhängigkeit von fossilen Energien
„In der Realität wird jetzt aber, wie wir befürchtet haben, ausschließlich LNG aus Katar gekauft“, kritisiert Powalla. Brunsbüttel sei ein entscheidender Standort für die künftige Versorgung mit grünem Wasserstoff. „Flüssiggas-Lieferverträge bis 2041 beißen sich mit dem notwendigen Wasserstoffhochlauf spätestens ab 2030“, betonte er. Abhängigkeit von fossilen Energien werde hier „sehenden Auges in Kauf genommen“.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht das genauso. „Man zerschießt sich die Klimaziele“, sagt Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner der taz. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Dazu passe der bis 2041 laufende Vertrag nicht: Mit der Dekarbonisierung könne nicht erst 2041 angefangen werden.
Auch die Linkspartei kritisiert die Vereinbarung. „Der Gas-Deal mit Katar ist ein weiterer Sargnagel für die deutschen Klimaziele“, so der stellvertretende Vorsitzende Lorenz Gösta Beutin. Die Lieferungen hätten keine Wirkung auf den derzeitigen Energiemangel, sagte auch er. Sie führten aber zu einer langfristigen Abhängigkeit von „einem Land, das Menschenrechte mit Füßen tritt und am blutigen Krieg gegen den Jemen beteiligt ist“.
Die Laufzeit über 15 Jahre sei vereinbar mit den deutschen Klimazielen, behauptete dagegen Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. „Jedes zusätzliche Angebot erhöht die Versorgungssicherheit“, sagte Andreae.
Das Bundeswirtschaftsministerium nahm zur Kritik der Umweltverbände und der Linkspartei nicht Stellung mit dem Hinweis, dass der Staat nur den Rahmen für die LNG-Nutzung schaffe. Für Verträge seien die beteiligten Unternehmen zuständig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm