Kritik an Flächenverbrauch in Hamburg: BUND will Wohnungsbau bremsen
Der Umweltverband fordert ein Abrücken von den ehrgeizigen Neubauzielen des Senats. Stattdessen will er eine intelligentere Stadtentwicklungspolitik.

Der Umweltverband äußerte sich mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Senat und Wohnungswirtschaft über eine Fortschreibung des Bündnisses für das Wohnen. Dort war bisher die Zielmarke 10.000 Neubauten pro Jahr festgeschrieben. Im sogenannten „Vertrag für Hamburg“ wurden die Bezirke verpflichtet, entsprechendes Baurecht zu schaffen. Würde diese Politik fortgesetzt, hätte das aus Sicht des BUND fatale Folgen. Die Stadtentwicklung müsse deshalb neu gedacht werden.
Sorgen macht dem Umweltverband der enorme Flächenverbrauch. Nach dem Bedarf, den das Bündnis für das Wohnen ansetzt, sind es knapp 70 Hektar für 10.000 Wohnungen. „Das heißt, alle zwei bis drei Jahre würde eine Fläche so groß wie die Außenalster bebaut“, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Das Problem verschärft sich, weil inzwischen schon sehr viele Baulücken geschlossen und Flachbauten ersetzt worden sind.
Der BUND schlägt vor, keine neuen Wohnungen im frei finanzierten Wohnungsbau mehr zu genehmigen, sondern zunächst die fast 40.000 noch nicht in Anspruch genommenen Genehmigungen abzuarbeiten. Was darüber hinaus errichtet werde, müsse dem „Netto-Null-Konzept“ genügen: Wird für ein Gebäude Boden versiegelt, muss anderswo im gleichen Umfang Boden entsiegelt werden. Spielraum böten zudem Aufstockungen und Wohnungsbau an den Magistralen.
Christiane Blömecke, BUND
Um den Bedarf an Wohnraum zu verringern, schlägt der BUND Wohnformen vor, bei denen verschiedene Parteien Räume gemeinsam nutzen. Das Wohnumfeld solle aufgewertet werden, so dass Erholung in nächster Nähe möglich würde. Eine Stadt der kurzen Wege würde das eigene Auto überflüssig machen. Dadurch könnten der Straßenraum kleiner und Baufläche gewonnen werden.
Der Mieterverein zu Hamburg warnte davor, von ehrgeizigen Neubauzielen abzurücken. „Das wird dazu führen, dass der existierende Wohnraum eine Preisexplosion erfährt“, sagt Geschäftsführer Siegmund Chychla. Angesichts des zu erwartenden Zuzugs könne es sich der Senat nicht leisten, die Genehmigung von Neubauten einfach auszusetzen.
Chychla kann sich eine intensivere Nutzung der Grundstücke vorstellen, etwa dort, wo heute nur ein- oder zweigeschossige Häuser stehen. „Wenn man zumindest bauplanungsrechtlich zulassen würde, dass man da Geschosswohnungsbau macht, wäre ein großer Teil des Problems gelöst“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Mietervereins.
Sylvia Sonnenman vom Verein „Mieter helfen Mietern“ sprach sich für eine Planung mit Augenmaß aus, die den Klimaschutz nicht vernachlässige. „Zur Not muss es halt etwas langsamer gehen“, sagt sie.
Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), in dem die gemeinwohlorientierten Vermieter organisiert sind, verwies darauf, dass die bisherige Wohnungspolitik zuletzt den Mietenanstieg gebremst habe.
Heike Sudmann von der Linken kommentierte, der BUND treffe die wunden Punkte. Sie regte an, das Gelände der Messe oder der Führungsakademie der Bundeswehr zu bebauen, statt Kleingärten oder freies Land wie in Oberbillwerder.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Die Grünen nach der Bundestagswahl
„Ja, pff!“
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert