Kritik an CDU-Rechtsaußen Kurt Wansner: SPD hält sich vornehm zurück
Wansner sei als Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsschutz untragbar, meinen die Grünen. Doch ohne CDU oder SPD hat ein Abwahlantrag keine Chance.
Berlin taz | Nach seinen abfälligen Äußerungen auf Facebook über die bundesweiten Anti-AfD-Proteste gerät der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner weiter unter Druck. Am Dienstag forderte die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus von CDU und SPD, Wansner als Vorsitzenden des Verfassungsschutzausschusses auszutauschen: „Kurt Wansners rechte Verschwörungsmythen machen ihn untragbar auf diesem Posten“, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch.
Wansner, der dienstälteste Abgeordnete im Parlament, ist seit Langem umstritten. Seine Facebookseite liest sich in Teilen wie der Blog eines verschwörungsgläubigen Rechtsextremen. Die jüngste Kritik entzündete sich an Wansners Post über die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, in dem er von einer „abgewirtschafteten Bundesregierung“ raunt, die „zusammen mit ihren linksradikalen Kampfverbänden gegen die arbeitende Bevölkerung mobil macht“.
In dem Beitrag folgt noch ein Seitenhieb gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in szenetypischem Sound. Es ist die Rede von „Propaganda“, die von „Zwangsgebühren“ finanziert werde.
Ario Mirzaie, Sprecher für Strategien gegen rechts der Grünen-Fraktion, wirft Wansner vor, er habe sich verbal von demokratischen Grundsätzen verabschiedet: „Wansner spricht als Ausschussvorsitzender für Verfassungsschutz die Sprache der AfD und bedient rechte Erzählungen“, so Mirzaie. Sollte die schwarz-rote Koalition Wansner nicht als Vorsitzenden des Verfassungsschutzausschusses absetzen, drohen die Grünen mit einem Abwahlantrag.
Aus der SPD heißt es, Wansner habe sich entschuldigt
Doch die Grünen rütteln wohl vergeblich am Stuhl des Ausschussvorsitzenden. Für eine Mehrheit gegen den CDU-Rechtsaußen bräuchte der Antrag auch Stimmen aus den Regierungsfraktionen. Dass die Union da mitmacht, gilt als ausgeschlossen. Auf Nachfrage der taz wollte sich die CDU-Fraktion nicht zu Wansner äußern.
Bei der SPD gibt man sich zögerlich. Deren Sprecher für Verfassungsschutz, Jan Lehmann, berichtete am Mittwoch der taz, Kurt Wansner habe sich bei ihm persönlich für den Facebook-Post entschuldigt: „Er hat mir gesagt, das kommt nicht wieder vor.“ Einem Abwahlantrag wolle er deshalb vorerst nicht zustimmen: „Wenn ich dafür wäre, hätte ich den Antrag selbst gestellt“, so Lehmann.
Völlig abgeschlossen mit der Causa Wansner haben die Sozialdemokraten damit aber noch nicht. Die Fraktion werde auf ihrer Klausurtagung in Leipzig am Wochenende noch einmal über den Umgang mit Wansner beraten, kündigte Lehmann an.
Wer könnte überhaupt auf Wansner folgen?
Fraglich ist zudem, wer überhaupt auf Wansner als Ausschussvorsitzender folgen könnte. Das Vorschlagsrecht liegt bei der CDU – sollte Wansner also tatsächlich abgewählt werden, dürfte die Unionsfraktion einen neuen Kandidaten aufstellen. Viele stehen nicht zur Auswahl, im Ausschuss sitzen nur drei weitere CDU-Abgeordnete.
Wahrscheinlich fiele die Wahl auf Wansners Stellvertreter Stephan Lenz – der verfolgt im Ausschuss seine eigene Agenda und setzt unermüdlich das Thema Linksextremismus auf die Tagesordnung. Ein weiterer Anwärter wäre Timur Husein, der wie Wansner dem konservativen Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg angehört.
Die Frage nach einem potenziellen Nachfolger ist für die Grünen nebensächlich. Sie fordern eine deutliche Reaktion von der CDU: „Bis zur kommenden Sitzung in drei Wochen schauen wir ganz genau, wie sich die CDU verhält“, kündigte Mirzaie gegenüber der taz an. Sollte die Fraktion an Wansner festhalten, beantrage man dessen Abwahl: „Der demokratische Stil gebietet uns, klar Stellung zu beziehen.“
Leser*innenkommentare
Pflasterstrand
„Wenn ich dafür wäre, hätte ich den Antrag selbst gestellt“, so Lehmann.
So was völlig schambefreit von sich zu geben, schaffen nur Leute von der Berliner SPD. Was für eine hilflos dahindriftende Partei