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Kritik am NetzdurchsetzungsgesetzMaas verteidigt NetzDG

Seit Jahresbeginn müssen Online-Netzwerke stärker gegen Hassreden vorgehen. Kritiker sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. Der Justizminister nicht.

„Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief für Straftaten“, sagt Justizminister Heiko Maas (Archivbild) Foto: dpa

Berlin epd | Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat das Gesetz gegen Hass im Internet gegen Kritik verteidigt. „Die Meinungsfreiheit schützt auch abstoßende und hässliche Äußerungen. Aber: Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief, um Straftaten zu begehen“, sagte Maas der Bild-Zeitung. Soziale Netzwerke müssten sich „wie jeder andere auch an unser Recht halten“, betonte der Justizminister.

„Mordaufrufe, Bedrohungen und Beleidigungen, Volksverhetzung oder die Auschwitz-Lüge sind kein Ausdruck der Meinungsfreiheit, sondern sie sind Angriffe auf die Meinungsfreiheit von anderen“, erklärte Maas. Facebook, Twitter und Co. sollten kein Interesse daran haben, dass ihre Plattformen für Straftaten missbraucht werden.

Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das soziale Netzwerke zu einem schärferen Vorgehen gegen strafbare Inhalte im Netz verpflichtet, gilt seit 1. Januar in vollem Umfang. Kritiker sehen in dem Gesetz eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Sie befürchten, dass die Plattformen gemeldete Beiträge aufgrund der drohenden Bußgelder voreilig löschen.

Vor wenigen Tagen hatte Twitter vorübergehend das Profil der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch gesperrt. Hintergrund war ein Tweet, in dem sich Storch über einen arabischsprachigen Tweet der Kölner Polizei zu Silvester geärgert und laut Medienberichten von „barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“ geschrieben hatte. Die AfD nutzte den Fall, um ihre Kritik am Netzwerkdurchsetzungs-gesetz zu erneuern.

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10 Kommentare

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  • So wenig wie Bill Clinton Schutzpatron der weiblichen Jungfreundlichkeit sein kann, kann Heiko Maas Frontman für liberale und redliche Bürger sein. Heiko Maas und der von ihm als Justizminister eingebrachten Gesetze zur mehr Überwachung der Bürger (VDS) und der Einschränkung der Meinungsfreiheit (NetzDG), ist und bleibt für jeden anständigen Bürger ein Provokation.

     

    Heiko Maas wird nicht dadurch schöner, weil er Gegenwind von den Rechtsradikalen erhält. Mir ist egal, ob Maas von Rechtsradikalen kritisiert wird. Maas hat sich deutlich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Nachdem er einen Justizministerposten erhielt, interessierte ihn das zu vor gesagte auf einmal nicht mehr.

    Es gibt einfach zu viele Politiker dieser Art in der SPD, weshalb ich mir wünsche, das Heiko Maas nicht mehr in dieser unabwendbaren und fürchterlichen neuen GroKo eine Rolle spielt.

  • Die Sperrung der prominenter Tweets ist nicht gefährlich für die Meinungsfreiheit. Alle diskutieren darüber - das ist ja gerade das was Meinungsfreiheit will. Problematisch ist vielmehr, wenn Tweets gesperrt werden, die deshalb dann niemand zur Kenntnis nimmt.

    Jedes Unternehmen ist gut beraten, die sozialen Medien künftig genau zu monitoren. Sobald da etwas kritisches kommt wird gleich interveniert und bevor die Nachricht größere Kreise ziehen kann, ist sie schon verschwunden. Die Regierung versprach Whistle-Blower zu schützen, hat dies aber nicht getan. Stattdessen haben sie einen Straftatbestand der "Datenhehlerei" eingeführt. Kritische Anmerkungen können darüber hinaus nun per NetzDG schnell zensiert werden. Ein Hinweis darauf, dass die Information unrechtmäßig aus dem Unternehmen geflossen ist, reicht nun für die Sperrung aus.

    Verfassungsbeschwerden sind eingereicht und es ist zu hoffen, dass mal wieder das Bundesverfassungsgericht die Meinungsfreiheit rettet.

  • Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind subtil. Es kommt auf den Kontext an - ok. Aber leicht kommt es damit auch auf die Quelle an - und das ist problematisch.

    Sicher werden wir der Titanic (zu recht) Satire unterstellen und Frau Storch nicht. Doch ist es richtig, wenn nur noch ausgewiesene Satire-Magazine alles sagen dürfen? Ist es richtig, dass die taz in ihrer "dumme weiße Männer" Kolumne über Männer per se grob abschätzend schreiben darf, wenn man aber "weiß" durch "muslimisch" ersetzt, dies strafbar werden muss? Und nein - die Kolumne ist nicht unbedingt satirisch gemeint - auch wenn man dies meinen könnte. Liegt es dann eher daran, dass man meint, dass weiße Männer in unserer Gesellschaft eine so starke Position hätten, dass sie dies aushalten müssten, muslimische Männer aber nicht? Oder liegt es daran, dass Meinungsfreiheit bei uns inzwischen von der Person abhängig ist, die sie ausspricht? Wenn ein Herr Maas oder de Maizière von "Horden" oder "Mob" spricht, ist das dann in Ordnung?

    In der DDR durften Honecker & Co sowie das Neue Deutschland alles sagen und schreiben. Wir bewegen uns da auf einem gefährlichen Pfad. Der Zweck rechtfertigt nicht die Mittel - erst recht nicht, wenn es um Freiheit geht.

  • Krieg bedeutet Frieden. Oder das Äußern von strafbaren Meinungen sei ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Geht's noch?

    Um nicht missverstanden zu werden. Wir benötigen sicherlich Schranken der Meinungsfreiheit. Aber diese Schranken grenzen die Meinungsfreiheit ein. Parolen wie "Rassismus ist keine Meinung" sind schlicht falsch. Rassismus kann eine strafbare Meinungsäußerung sein. Der Aufruf zum Mord ist auch eine Meinungsäußerung - aber ebenso aus gutem Grund strafbar.

    Wir müssen also aufhören, nur noch das als "Meinung" zu definieren, was wir akzeptabel finden. Das bedeutet nicht, dass wir bestimmte Meinungsäußerungen nicht einschränken und unter Strafe stellen können. Uns muß dabei nur klar, sein, dass wir die Meinungsfreiheit einschränken.

    Von daher schränkt das NetzDG die Meinungsfreiheit faktisch ein. Die UN hat diesbezüglich auch ihre Besorgnis ausgedrückt.

    Leute die problematische Meinungen äußern schränken die Meinungsfreiheit allenfalls dadurch ein, dass sie Leuten wie Maas Argumente liefern, die Meinungsfreiheit weiter einzuschränken.

  • Dass das NetzDG so schnell seine eigentliche Intention, die Meinungsfreiheit einzuschränken, durchsetzt, hätte ich nie gedacht.

  • Das es ein jetzt ein NetzDG gibt, begrüße ich.

    Dass das NetzDG nicht auf einhellige Zustimmung trifft und auch Kritik auslöst, begrüße ich ebenfalls. Mordaufrufe, die Ausschwitz-Lüge u.a. aber nichts mit Meinungsfreiheit zu tun haben, darüber besteht vermutlich auch bei den Kritikern Konsens.

    Das NetzDG ist seit 4 Tagen in Kraft getreten und welche Wirkung es erzielt oder auch nicht, sollte sorgsam beobachtet werden. Jetzt ist es jedenfalls noch zu früh, pauschal den Stab über das NetzDG zu brechen.

  • Das es die Titanic erwischt hat ist bitter, hat aber nur Symbolkraft. Man kann sich über Frau von Storchs oder Frau Weidels Sperrung belustigen, dass verstehe ich wohl, aber diese Sperrungen sind genauso schlimm wie die der Titanic oder sogar noch schlimmer.

    Die Titanic vertritt auf eine bissige, ironische und zynische Art und Weise mehrheitstaugliche Meinungen. Die AfD ist eine Protestpartei und hat 80%+ der Gesellschaft gegen sich stehen. Besonders solche Meinungen sollen eigentlich durch die Meinungsfreiheit geschützt werden.

     

    Wie einst Herr Schäuble wird wohl auch Herr Maaß nur vom Verfassungsgericht von seinem kriminellen Treiben abgehalten werden können.

    • @disenchanted:

      Unter dem Deckmantel der Satire betreibt die Titanic Volksverhetzung. Sperren allein reicht nicht, der Staat muß hier hart durchgreifen.

      Das Internet darf kein rechtsfreier Raum werden !

  • Wer Meinungsfreiheit bei Twitter und FB fordert, hat noch nie deren Nutzungsbedingungen durchgelesen. Die konnten bisher schon alles löschen und machen es jetzt eben etwas mehr.

     

    Wer seine Meinung ohne diese Einschränkung verbreiten will, soll halt seine eigene Site betreiben.

     

    Die Idee des NetzDG ist gut und die ersten Tage zeigen offensichtlich, dass es wirkt. Es wird hoffentlich dafür sorgen, dass dort wieder sachlicher diskutiert wird.

  • Lieber Heiko,

     

    warum hat Twitter den Account der Titanic gesperrt, 2 Tage nachdem dein tolles Gesetz in Kraft getreten ist? Kann es sein das du das Gesetz und seine Ausführung überhaupt nicht zu Ende gedacht hast...