Krise in der Ukraine: Mit Waffengewalt und Finanzspritzen
Bei der ukrainischen Militäroffensive gegen prorussische Milizen wurden zwei Hubschschrauber abgeschossen. Russland sieht damit die Hoffnung auf Frieden zerstört.
SLAWJANSK/BRÜSSEL reuters/dpa/ap/taz | Das ukrainische Militär hat am Freitag eine Offensive gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes gestartet. Dabei wurden in der eingekesselten Rebellenhochburg Slawjansk zwei Hubschrauber abgeschossen, zwei ukrainische Soldaten starben, wie das Verteidigungsministerium in Kiew mitteilte.
In Slawjansk befinden sich auch die festgesetzten OSZE-Militärbeobachter. Der Kontakt zu den dort festgehaltenen OSZE-Militärbeobachtern nach Angaben der Bundesregierung nicht abgerissen. „Es hat heute einen Kontakt gegeben“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte, der Zustand der drei Bundeswehroffiziere und ihres Dolmetschers sei nach dem, was man aktuell wisse, am Freitagmorgen noch den Umständen entsprechend gut gewesen. Sie sei aber in großer Sorge un hoffe, dass die Bemühungen des deutschen Krisenstabs und der OSZE- Unterhändler vor Ort um eine Freilassung keinen Rückschlag erleiden.
Einzelheiten wollte er angesichts der „aktuell äußerst schwierigen Situation“ nicht nennen. Der Sprecher verwies darauf, dass die Verhandlungen über eine Freilassung der Männer von der OSZE geführt würden. Den Stand „dieser vertraulichen und äußerst schwierigen Verhandlungen“ könne er nicht kommentieren.
Russland kritisierte die Militäroffensive und warf der ukrainischen Regierung vor, gegen die Genfer Vereinbarung für eine friedliche Lösung des Konflikts zu verstoßen. Ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin sagte am Freitag, durch den Angriff sei die Hoffnung auf Frieden in der Ostukraine zerstört.
Die EU verlangt eine „Deeskalation“
Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU wurde ein Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 mit einer tragbaren Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Dies sei Beleg dafür, dass „trainierte, gut ausgebildete ausländische Spezialisten“ aufseiten der Separatisten kämpften. Russland hat bislang jede direkte Beteiligung an den Aufständen abgestritten.
Die Europäische Union hat angesichts der Kämpfe erneut eine „Deeskalation“ der Krise gefordert. „Wir verfolgen die Lage in der Ostukraine mit zunehmender Besorgnis“, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitag in Brüssel. Die EU fordere „so rasch wie möglich“ eine Umsetzung des Genfer Abkommens, das auch eine Räumung besetzter Gebäude vorsieht.
Die russische Regierung hat indes vor dramatischen Folgen des Vorgehens der ukrainischen Armee gegen die Separatisten im Osten des Landes gewarnt. Der Einsatz gegen das eigene Volk sei ein „Verbrechen“ und führe das Land in die „Katastrophe“, erklärte das Außenministerium in Moskau am Freitag. Es forderte außerdem in seiner Erklärung den Westen auf, seine „destruktive Politik“ bezüglich der Ukraine zu beenden.
Das Ministerium warf der Übergangsregierung in Kiew vor, in der Stadt Slawjansk einen „Vergeltungseinsatz unter Beteiligung der Terroristen“ der rechtsextremen Gruppierung Prawy Sektor gestartet zu haben.
17 Milliarden Dollar für die Ukraine
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die Freigabe eines Milliarden-Hilfsprogramms des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Ukraine begrüßt. „Es ist gut, dass das IWF-Programm in so kurzer Zeit auf den Weg gebracht werden konnte“, sagte Schäuble am Freitag.
Er wertete dies als einen Beleg für die Handlungsfähigkeit der internationalen Staatengemeinschaft. „Die Ukraine steht gleichzeitig vor enormen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen“, warnte er. Daher sei die Umsetzung des IWF-Programms nicht ohne Risiken.
Das IWF-Exekutivdirektorium hatte am Donnerstag ein umfassendes Hilfsprogramm im Umfang von 17 Milliarden Dollar für die Ukraine beschlossen. 3,2 Milliarden Dollar davon sollen kurzfristig fließen. Die Finanzhilfen sind gekoppelt an umfangreiche Reformzusagen der ukrainischen Führung.
Die russischen Gaslieferungen in die Ukraine und in die EU sind dagegen nur noch bis Ende Mai gesichert. Dies sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Freitag in Warschau nach Gesprächen mit den Energieministern Russlands und der Ukraine, Alexander Nowak und Juri Prodan. Moskau hielt den Druck auf die Ukraine aufrecht: Sollte die Ukraine sich bis Ende Mai nicht mit Russland über die Bezahlung ihrer Gas-Schulden in Milliardenhöhe geeinigt haben, drohen Lieferstopps, sagte Nowak.
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